Bild nicht mehr verfügbar.

Der Portugiese António Guterres wird neuer Uno-Generalsekretär.

Foto: REUTERS/Denis Balibouse

Der Mann wippt auf den Zehenspitzen. Vor ihm ein Pult. Ohne ausgefeiltes Redemanuskript legt António Guterres los: Er warnt vor einer immer schlimmer werdenden Flüchtlingskrise, verlangt von den reichen Ländern mehr Solidarität, lobt Deutschland für seinen Beitrag. Das war 2012. Als Guterres im Berliner Auswärtigen Amt einen leidenschaftlichen Hilfsappell für die Opfer von Kriegen und Unterdrückung formulierte, war er noch UN-Hochkommissar für Flüchtlinge.

Ab Jänner 2017 soll der heute 67-Jährige, der vor seiner UN-Zeit als Premier Portugal lenkte, an die Spitze der Weltorganisation rücken. Der 67-jährige frühere Chef der Sozialistischen Internationale wird ein schweres Erbe antreten: Die Uno konnte in den vergangenen Jahren unter Führung Ban Ki-moons ihrer zentralen Aufgabe, Stabilität und Frieden in die Welt zu bringen, kaum gerecht werden.

Bei der Bewältigung seiner Herausforderungen wird auch Guterres über keine eigentliche politische Macht verfügen. Der Mann, den frühere Mitarbeiter als "political animal" bezeichnen, kann aber durch Appelle die Staatenlenker und die Weltöffentlichkeit aufrütteln. Der praktizierende Katholik scheint für die Position geeignet zu sein: Der brillante Redner spricht die UN-Sprachen Englisch, Französisch und Spanisch fließend.

Der studierte Elektrotechniker kennt sich aber auch im innersten Getriebe der internationalen Politik bestens aus. Und Guterres neigt dazu, auch einmal auf den Tisch zu hauen. Zudem weiß er, was es heißt, der Chef zu sein: Nach einer beharrlichen Karriere in der Sozialistischen Partei war er 1995 bis 2002 Premier – auch im Jahr 2000, als er als turnusmäßiger EU-Ratspräsident die "Maßnahmen" gegen Österreich wegen der Regierungsbeteiligung der FPÖ mitverantwortete. Als UN-Hochkommissar für Flüchtlinge von 2005 bis 2015 dirigierte er 9000 Mitarbeiter.

Trotz aller Erfolge: Guterres blieb nicht von schweren Schlägen verschont. Der Einsturz einer Brücke in Portugal mit dutzenden Toten symbolisierte 2001 auf tragische Weise das Ende seiner Zeit als Premier. Zuvor starb seine erste Frau, die Mutter seiner beiden Kinder, an Krebs. Guterres heiratete wieder. Und er blieb auch stets Optimist, dessen Ziel es ist, die Welt zu verbessern. Schon als Jugendlicher während der portugiesischen Diktatur habe er eine Welt voller Ungerechtigkeit wahrgenommen, sagte er einmal. (Jan Dirk Herbermann, 6.10.2016)