Die deutschen Verfassungshüter gaben den Eilanträgen gegen eine vorläufige Anwendung nicht statt.

Foto: APA/dpa/Uli Deck

Karlsruhe – Dem deutschen Wirtschaftsminister und SPD-Chef Sigmar Gabriel war die Erleichterung anzusehen. Er sei "sehr zufrieden mit dem Ausgang des Verfahrens", erklärte er nach dem Urteil des Verfassungsgerichts in Karlsruhe. Dieses hat mit seiner Entscheidung den Weg für die Zustimmung der deutschen Regierung zu Ceta freigemacht.

Es ist damit allerdings noch nicht klargestellt, dass Ceta mit dem deutschen Grundgesetz generell vereinbar ist. Darüber hatten die Richter in den roten Roben noch gar nicht zu entscheiden. Vielmehr ging es zunächst darum, ob Deutschland kommende Woche beim EU-Handelsministerrat für Ceta stimmen darf.

Breites Bündnis

Nein, sagen die Gegner, darunter Abgeordnete der Linkspartei und ein breites Bündnis (Foodwatch, Mehr Demokratie und Campact). Sie sehen demokratische Grundrechte verletzt, weil durch Ceta-Ausschüsse zum Auslegen des Vertrags und Klagemöglichkeiten für Unternehmen vor einem Investitionsgericht die Rechte des Bundestages beschnitten würden.

Das aber hatten die Richter (noch) nicht zu prüfen. Sie mussten darüber entscheiden, ob die Regierung nun zustimmen dürfe oder nicht. Sie darf, erklärte Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle. Denn ein gerichtlicher Stopp von Ceta hätte "schwere und irreversible Nachteile" für Deutschland und die Europäische Union. Die Beziehungen zu Kanada und die Fähigkeit der EU zum Abschluss künftiger Handelsabkommen würden leiden. Das Gericht hat somit eine "reine Folgenabwägung" getroffen und eben entschieden, der Schaden werde wohl kleiner bleiben, wenn Deutschland jetzt zustimme, aber später wieder aussteigen müsse, als wenn man grundsätzlich sofort die Zustimmung verweigere.

Kündigung muss möglich sein

Doch das Gericht gab der Regierung auch drei Hausaufgaben mit auf den Weg. Sie muss sicherstellen, dass Deutschland das Abkommen trotz des vorläufigen Inkrafttretens wieder aufkündigen kann. Das wird dann nötig sein, wenn die Richter in der Hauptsache zum Urteil kommen, Ceta sei nicht mit dem deutschen Grundgesetz vereinbar. Die Prüfung fängt aber erst an, eine Entscheidung wird in einem oder zwei Jahren erwartet. Also muss Deutschland bei der Unterzeichnung verbindlich erklären, dass es von einem einseitigen Kündigungsrecht ausgeht.

Außerdem fordern die Richter, dass ab 2017 nur Teile von Ceta gelten, die in die Zuständigkeit der EU fallen. Das Investitionsgericht für Schadensersatzklagen dürfte damit erst nach der vollständigen Ratifizierung durch die nationalen Parlamente eingerichtet werden.

Zudem verlangen sie eine "demokratische Rückbindung des Ceta-Ausschusses an den einzelnen Mitgliedstaat". Deutschland solle dafür sorgen, dass Beschlüsse nur auf Basis eines einstimmigen Beschlusses des EU-Ministerrates möglich sind. (Birgit Baumann, 13.10.2016)