Scheitert das Freihandelsabkommen der EU mit Kanada? Zurück an den Start? Schlagzeilen wie diese beherrschen seit Monaten die Debatte über Ceta. Das ist die Folge der Auseinandersetzung, ob der Pakt dem öko-sozialen europäischen Lebensmodell mehr schade als nütze; und der Preis für kompromisslose ideologische, partei- und regionalpolitische Kämpfe. Wie Europa seine Wirtschaft wieder flottkriegt, dass die Kanadier uns ziemlich nahe stehen, in Bildung sogar besser sind, ging dabei unter.

In zehn Tagen soll der Pakt unterzeichnet werden – mit Justin Trudeau aus Ottawa. Ob der linksliberale Shootingstar unter den Regierungschefs, der sich vom globalen Trend zu Rechtspopulisten erfrischend absetzt, nach Brüssel kommen wird, ist unsicher.

Er kommt nur im Erfolgsfall. Auf Erfolg sind die Europäer nicht gebucht. Sie verhandeln sieben Jahre lang einen Vertrag und bringen das dann intern nicht und nicht zu Ende. So ist es, wenn 28 Mitglieder unterschiedliche Interessen haben. Manches EU-Land steht Kanada näher als seinen Partnern, stellt nationalen Egoismus über die Union.

Europa verliert an Glaubwürdigkeit. Man sollte aber nicht übersehen, dass in dieser Union der tausend Widersprüche Einwände zu Ceta gehört und spezielle Wünsche berücksichtigt werden, sogar von Miniregionen wie der abgewirtschafteten Wallonie. That's Europe! Schwer zu verstehen, aber damit müssen Kanada und die USA leben. (Thomas Mayer, 18.10.2016)