Anfang der 1950er wurde der Moc Boot designt.

Foto: Red Wing Shoes

Gabor Magyar, CEO Red Wing Shoes in Europa.

Foto: Red Wing Shoes

Dicke Sohle, rahmengenähtes Rindsleder und eine Firmengeschichte, die zurückreicht ins vorvorige Jahrhundert. Schuhunternehmen fahren heute schwere Geschütze auf, um den Konsumenten zu beeindrucken. Einer dieser Spezialisten ist der Hersteller Red Wing Shoes, 1905 von Charles Beckman in Red Wing, Minnesota, gegründet. Jetzt haben die Amerikaner in Wien-Neubau eine Filiale aufgesperrt. Und das ausgerechnet da, wo sich Secondhandläden und Eiscreme-Produzenten die Klinke in die Hand geben.

In seinen Anfängen belieferte das Unternehmen nämlich den mit allen Wassern gewaschenen Mann mit Schuhwerk: Im Ersten Weltkrieg verschickte Red Wing Shoes von Red Wing, einem 16.000 Einwohner kleinen Städtchen, schwere Stahlkappen-Schuhe an amerikanische Soldaten, später sattelte man auf Arbeiter auf Ölfeldern und Farmer um.

Heute schieben die hackelnden Hipster, die jungen und die mittelalten Männer mit den Vollbärten, die in ihren Büros auf die Tastaturen einhämmern, derbe Schuhe unter ihre Schreibtische. Und träumen von längst vergangenen Zeiten. Die Americana-Nostalgie jener weißen bärtigen Männer bedient der US-Hersteller besonders erfolgreich.

Hosenbeine hoch

Männer wie Ryan Gosling oder Bradley Cooper krempeln seit einigen Jahren die Hosenbeine hoch, um ihr schweres Schuhwerk freizulegen. Das "Bedürfnis des Hipsters nach langlebigen Produkten" bediene auch Red Wing Shoes, erklärt Gabor Magyar, CEO des Unternehmens in Europa: Die Modelle der Heritage-Linie seien wiederaufgelegte Modelle von 1952, 1965 oder 1989. Auf den Hipster allerdings allein mag man sich nicht verlassen, "denn der ist schnell wieder weg". Bis es aber so weit ist, kann sich der karenzierende Superpapa mit den derben Arbeiterschuhen selbst vergewissern, dass Mann immer noch Mann ist.

Denn Red Wing Shoes bedient ein Männerbild, wie es einmal in den Büchern stand: Im Shop in Wien-Neubau trifft Backstein auf schwarze Industrielampen. Dabei stelle man schon seit den 1920ern auch Frauenschuhe her, erklärt CEO Magyar. In den letzten Jahren gebe es zwar ein zunehmendes Bedürfnis von Frauen nach schwerem Schuhwerk, das Frauensortiment spielt für Red Wing Shoes aber eher eine untergeordnete Rolle.

Der Hype um das Label ist jedenfalls den Japanern zu verdanken. "Sie entdeckten die Schuhe in den 1980ern", meint Magyar. Und erklärten die Lederschuhe zum Mode-Statement. Es folgten die Europäer. Und jetzt? Ist Wien-Neubau dran, Produkte made in USA zu entdecken. (Anne Feldkamp, Rondo, 2.11.2016)