Wien – Die von Kanzler Christian Kern (SPÖ) aufs Tapet gebrachte Wertschöpfungsabgabe wird vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) kritisch gesehen. Wifo-Steuerexpertin Margit Schratzenstaller warnt vor Negativeffekten. "Auf lange Sicht könnte die Nachfrage nach Arbeitskräften sogar sinken", schlussfolgert Schratzenstaller in einer aktuellen Kurzexpertise, für gesicherte Aussagen fehlten aber Daten.

Die Wertschöpfungsabgabe – von Kritikern meist als Maschinensteuer bezeichnet – könnte sich kurzfristig positiv auf die Beschäftigung auswirken. Ob sie sich jedoch eignet, die soziale Sicherung in Österreich besser zu finanzieren, lasse sich nicht belegen, so Schratzenstaller. Eine solche Abgabe könnte nämlich auch die Wettbewerbsfähigkeit und die Investitionsnachfrage hemmen. "Damit würde die Nachfrage nach Arbeitskräften letztlich sogar sinken und nicht – wie erhofft – steigen", erklärte Schratzenstaller.

Folgen für Einkommensverteilung unklar

Dass die Finanzierungsbasis der Sozialversicherungen massiv gefährdet ist, sei in Österreich zudem derzeit nicht absehbar. Unklar ist für Schratzenstaller auch, wie sich eine Wertschöpfungsabgabe auf die Einkommensverteilung auswirkt: "Falls Unternehmen die Abgabe über die Preise auf die privaten Haushalte teilweise überwälzen, würden einkommensschwache Bevölkerungsschichten sogar darunter leiden."

Schratzenstaller bringt auch einen neuen Punkt in die Debatte ein – jenen der Steuervermeidung durch Konzerne wie Apple, Starbucks und Co. Schratzenstaller gibt zu bedenken, dass Gewinne von Unternehmen besser zu ihren Gunsten gestaltbar sind als die Lohnsumme. "Vor allem multinationale Unternehmen, die einen größeren Spielraum zur Gewinnverlagerung ins Ausland haben, wären schwierig zu besteuern."

Das Wifo hat die Analyse gemeinsam mit dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) vorgenommen, sie soll in den nächsten Tagen im Wifo-Monatsbericht erscheinen, wie das Wifo am Montag mitteilte. Das Wifo vermisst für die Entlastung des Faktors Arbeit ein umfassenderes Konzept zum Umbau des Steuer- und Abgabensystems. (APA, 24.10.2016)