Rund jeder fünfte Kunde der Wohnungslosenhilfe wendet sich von der Straße aus an den städtischen Wiener Dienst.

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Wien – Wer mit der Wohnungsmiete in einen solchen Rückstand gerät, dass es zur behördlich angeordneten Delogierung kommt, gehört zur größten Kundengruppe der Wohnungslosenhilfe im Fonds Soziales Wien (FSW). 42 Prozent aller Menschen, die die städtische Unterstützung in Anspruch nehmen, haben deshalb das Dach über dem Kopf verloren, ergab eine im Frühjahr unter FSW-Klienten durchgeführte Befragung. Häufig sei es der Verlust des Arbeitsplatzes, der zur Mittel- und folglich zur Obdachlosigkeit führe, sagte Sozialstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) bei der Präsentation der Zahlen am Montag.

Für die erste derartige in Wien durchgeführte Studie, die auch nach den Ursachen für den Gang zur Wohnungslosenhilfe fragte, wurden 1.537 Fragebögen und 844 Interviews ausgewertet – eine aussagekräftige Stichprobe angesichts der rund 10.000 Personen, die die Wohnungslosenhilfe jedes Jahr in Anspruch nehmen.

Das zweite große Motiv war mit 25 Prozent das Verlassen einer gemeinsam bewohnten Wohnung nach dem Ende einer Beziehung. Mit Abstand wesentlich seltener wurden andere Gründe genannt, etwa das Ablaufen eines befristeten Mietvertrags (sieben Prozent), das Verlassen des Elternhauses (sechs Prozent), Delogierung wegen unleidlichen Verhaltens (sechs Prozent), Flucht (drei Prozent) oder Haftentlassung (zwei Prozent). Drei Viertel der FSW-Kunden haben zuvor in einer eigenen Wohnung gelebt, nur 18 Prozent wandten sich von der "klassischen Obdachlosigkeit" auf der Straße aus an den städtischen Dienstleister.

Erfreut zeigte sich die stellvertretende FSW-Geschäftsführerin Anita Bauer über jene 92 Prozent der Befragten, die mit den Diensten der Betreuer und Sozialarbeiter zufrieden waren. 84 Prozent sagten, ihnen gehe es deutlich besser, seitdem sie von der Wohnungslosenhilfe beraten oder betreut werden. Nur 18 Prozent der Befragten waren mit der Sicherheit und 22 Prozent mit der Sauberkeit in den Wohnhäusern unzufrieden. Sieben von zehn Klienten würden gern wieder eine eigene Wohnung beziehen; beim Rest handle es sich oft um alte oder kranke Menschen, "die wissen, dass sie auf Betreuung angewiesen sind. Unsere Kunden haben eine sehr gute Selbstwahrnehmung", sagte Bauer.

Die Wohnungslosenhilfe des FSW schüttet jährlich rund 67 Millionen Euro aus, laut Wehsely "Investitionen in den sozialen Frieden". 5.700 Wohn-, Betreuungs- und Schlafplätze stehen zur Verfügung, 300 davon sind Plätze in Notquartieren, die kommende Woche, wie jeden Winter, auf 900 Betten aufgestockt werden.

Zu den größten exekutiven Partnern, also jenen Einrichtungen, die mit der Bereitstellung von Wohnflächen oder Betten beauftragt werden, zählen unter anderem Caritas, Arge Nichtsesshaftenhilfe, St.-Elisabeth-Stiftung, Volkshilfe, Arbeiter-Samariter-Bund, Wiener Hilfswerk, Neunerhaus und "Wieder Wohnen". Ihre Marktanteile verteilen sich auf die Dienste "Sozial Betreutes Wohnen", Mutter-Kind-Einrichtungen, Zielgruppenwohnen, Übergangswohnen, betreutes Wohnen in Wohnungen und mobile Wohnbetreuung. (Michael Matzenberger, 24.10.2016)