Hände schütteln, Fotos machen: Kanzler Kern auf dem Heldenplatz.

Foto: Regine Hendrich

Wien – Es wirkt ein bisserl gedrängt auf dem Heldenplatz, ein bisserl provisorisch. Ein Gutteil des Platzes ist abgesperrt, weil dort das provisorische Quartier des Parlaments entsteht.

Im Improvisieren hat das Bundesheer allerdings Erfahrung, also wird auf dem Rest des Platzes eine Feier des Nationalfeiertags improvisiert. Mit 1.200 Rekruten und 37 Frauen, die sich freiwillig zum Ausbildungsdienst gemeldet haben. Das gehört seit zwei Jahrzehnten zum 26. Oktober: Angelobung in Anwesenheit des Bundespräsidenten.

Es gibt aber keinen. Oder doch: Heinz Fischer, Oberbefehlshaber außer Dienst, steht bei den Ehrengästen, er wird mit besonders viel Applaus begrüßt.

Drei Reihen dahinter: Alexander Van der Bellen. Ein Großneffe seiner Frau wird angelobt; der angeheiratete Großonkel übt schon mal den staatsmännischen Blick.

Bures redet statt des Präsidenten

Reden darf aber weder er noch Fischer. Das übernimmt Nationalratspräsidentin Doris Bures, die provisorisch die Geschäfte des Bundespräsidenten führt.

Sie ruft den Ursprung des Nationalfeiertags in Erinnerung, nennt die Neutralität "einen Grundstein unserer Republik" und lobt das Bundesheer, das sich "auch den asymmetrischen Bedrohungen mit hoher Leistungsbereitschaft" stellt. Anschließend wird sie sich mit den Jagdkommandosoldaten, die als Überraschungseinlage vom Hubschrauber über dem Heldenplatz abgesprungen sind, fotografieren lassen. Vorher aber muss sie noch den Frauen im Militär ein paar Sätze ihrer Rede widmen. Als ermutigendes Zeichen sieht sie es, dass mit Karoline Resch eine Frau in den Generalstab aufgerückt ist, und sie wünscht sich, dass viele Frauen "die Männerbastion Bundesheer erobern" mögen.

Platz der Demokratie

Dann spricht der Bundeskanzler, er nennt den Heldenplatz einen Platz der Demokratie und der Freiheit. Von diesem Platz sei einst zum Krieg aufgerufen worden, aber jetzt sei die Symbolik eine andere. Der Nationalfeiertag erinnere an den Tag, mit dem die Geschichte des neuen Österreich beginne – die Christian Kern also mit dem Beschluss des Neutralitätsgesetzes 1955 beginnen lässt.

Er bekennt sich zum Patriotismus, der nicht mit Chauvinismus verwechselt werden dürfe – und mahnt zum Zusammenhalt: "Spaltung gefährdet unser Land. Wir müssen alle gemeinsam an einem rot-weiß-roten Strang ziehen." Denn Österreich sei kein Land, in dem der stärkere Ellenbogen zählt.

Denkmal für Bundesheer-Soldaten

Auch der Verteidigungsminister kommt zu Wort. Hans Peter Doskozil betont die Notwendigkeit, das Bundesheer neu zu organisieren und in den Brigaden auch personell stärker zu werden. Das Publikum applaudiert artig, nachdem der Minister sein Projekt vorgestellt hat: Mit einem neuen Denkmal sollen die Soldaten in den Auslandseinsätzen gewürdigt werden. Am Vortag war er damit im Kabinett gescheitert – sein Bericht über das Vorhaben wurde am Dienstag überraschend von der Tagesordnung des Ministerrats genommen.

Schließlich die Angelobung, die Bundeshymne und die Europahymne. Befehl zum Abmarsch an die neu angelobten Rekruten, die Bitte an das Publikum, noch ein wenig zu bleiben. Dann zieht ein Hubschrauber über den Platz, drei Mann springen mit ihren Fallschirmen ab, jeweils eine Fahne hinter sich herziehend.

Handshake mit Elitesoldaten und Publikum

Punktlandung vor den Ehrengästen. Applaus. Der Bundeskanzler geht den Elitesoldaten die Hände schütteln, andere Ehrengäste folgen. Und dann geht Christian Kern zum Publikum schüttelt Hände – "der anziche Politiker, was zu de Leit geht", wie eine Frau bemerkt. Kurz plaudert Kern mit einem 89 Jahre alten Mann, erzählt ihm, dass seine Mama auch 88 Jahre alt ist. Foto hier, Foto dort.

Dann muss der Kanzler weiter. Er hat Gäste. Viele Gäste – auf einem angedeuteten roten Teppich vor dem Bundeskanzleramt stehen gut 100 Menschen, die den Tag der offenen Tür nützen wollen. Auf dem Heldenplatz konzentrieren sich die Besucher derweil auf die dort ausgestellten Hubschrauber. Die traditionelle Waffenschau ist ja heuer ebenfalls improvisiert – was platzbedingt nicht hier gezeigt werden kann, steht beim Burgtheater. So kommt das Fest auf einen Besucherrekord. (Conrad Seidl, 27.10.2016)