Ob der EU-Kanada-Gipfel zur Unterzeichnung eines umstrittenen Freihandelspaktes noch diese Woche stattfindet oder nicht, ist in den vergangenen Tagen eigentlich schon eine Nebensächlichkeit geworden. In all dem taktischen Hin und Her von Regionalpremiers, Sprachenvertretern, Parteiemissären und Interessenvertretern in Belgien hat die Union dem Rest der Welt eindrucksvoll demonstriert, was Europa ist: ein gelähmter Haufen.

All die Sonntagsreden von europäischen Spitzenpolitikern, wonach "wir" 500 Millionen EU-Bürger als größte Wirtschaftsmacht auf dem Globus "unsere" Standards setzen wollen, sind heiße Luft. Nein, das gelingt nicht, weder beim Handel noch in der Sozial- oder Umweltpolitik. Wir reden nur sehr viel davon. Das gilt übrigens nicht nur für Regierende, sondern auch die vielen NGOs und Oppositionellen in diesem Zusammenhang.

Agitprop und Kompromissunfähigkeit sind schlechte Voraussetzungen für gemeinsame europäische Politik, insbesondere die dringend nötige Außen- und Sicherheitspolitik, zu der ernsthafte Außenhandelspolitik gehörte.

Das ist in Tagen, in denen in Aleppo ein Kriegsverbrechen geschieht, ein russischer Flugzeugträger im Mittelmeer Richtung Syrien fährt, eher tragisch. Wir Europäer fiebern lieber mit den Belgiern mit, bangen ums Rindfleisch, streiten drüber, ob eine Erklärung zu einem Vertrag weiterer Erklärungen bedarf – rechtsverbindlich natürlich. (Thomas Mayer, 27.10.2016)