Beat Zeller (links kniend) und seine aus der Schweiz kommende Band The Monsters feiern ihr 30-jähriges Bestehen mit dem neuen Album "M" und einem Wien-Konzert im November.

Wien – "Tolle Hookline. Schreiben Sie die selber?" – "Ich sehe, Sie kennen sich aus! Na ja, kommt darauf an." – "Und wie ist das mit den Riffs?" (Ein Dialog aus dem Roy-Black-Film Paradies der flotten Sünder, 1968)

Mit der Originalität im Rock 'n' Roll ist es so eine Sache. Wie so oft im Leben schadet es auch hier nicht, im Zweifelsfall lieber klug zu stehlen als schlecht zu kopieren. Sogar die alte kommunistische Doktrin von Eigentum als Diebstahl wurde und wird vor allem in dieser kapitalistischsten aller Künste umgesetzt. Kunst ist nicht nur im Zeitalter ihrer technischen Reproduzierbarkeit und hier schließlich bei möglicherweise nicht legalem Filesharing angelangt. Als Basis dient hier auch zwecks Publikumsgewinnung die nicht allzu groß zu öffnende Schere zwischen kreativem Alleinstellungsmerkmal und normativer Stilausrichtung.

The Monsters kommen aus der eigentlich nicht als Rock-'n'-Roll-Brennpunkt konzipierten Schweizer Hauptstadt Bern. Ob man dort von den Gehsteigen essen kann, zweiminütiges Zuspätkommen mit fünf Jahren Verbannung ins im Berner Hinterland liegenden Emmental bestraft wird oder die Gehsteige tatsächlich um 20 Uhr hochgeklappt werden, das alles ist nicht bekannt. Sehr wahrscheinlich existiert dort aber schon seit Jahren eine zumindest kleine Szene lokaler Tunichtgute und das Gute, Wahre und Schöne verweigernder Menschen, die selbst noch im Frührentenalter als Halbstarke durchgehen.

Trash-Rock-'n'-Roller

Primitiver Rock aus der sprichwörtlichen Garage ist von den 1960er-Jahren herauf eine natürliche Verweigerungshaltung mittelstädtischer "juvenile delinquents", die in ihrem sturen Beharren auf Antimodernität immer schon in der Provinz ihr natürliches Habitat fanden:

1. Wir wissen zwar nicht, worum es geht, wir sind aber dagegen! 2. Was man singen kann, kann man auch brüllen. 3. Diese Computer werden sich nicht durchsetzen. 4. Und überhaupt!

1986 gründete der solo auch als Reverend Beat-Man auftretende Berner Beat Zeller die Band The Monsters. Mittels primitiven, gewaltbereiten Rock 'n' Rolls, Garagen-Punks und trashigen Rockabillys (ungefähre Eigenbeschreibung) sollte gegen die "nicht gut genuge" (Georg Friedrich) Gesamtsituation angekämpft werden. Nicht wenige wollen das gern hören, aber nur wenige wollen das verkaufen müssen. Deshalb entstand 1992 das hauseigene Label Voodoo Rhythm Records.

VOODOO RHYTHM RECORDS

Auf Voodoo Rhythm veröffentlichte Zeller seitdem diverse, grundsätzlich immer gleich klingende Aufsässigkeitsalben wie aktuell M. Auf diesem zu hören sind unter anderem gut gebrüllte, ewig juvenile Instantklassiker mit möglicherweise nicht immer selbstkomponierten Hooklines und Riffs. Sie tragen schöne Namen, die oft gar nicht mehr Text als den Songtitel benötigen, man will ja nicht geschwätzig sein: Happy People make me Sick, Too Pretty to be Loved oder Let me spend the night with your Wife.

Alt, aber nicht milde

Im Vergleich zu über die Jahre zusammengesammelten Labelkollegen wie dem wahnsinnigen US-Pilotenhelm-Mikrofon-Schreihals Bob Log III, den Pompfüneberer-Balladeuren The Dead Brothers oder Bands mit lustigen Namen wie The Pussywarmers, The Hormonauts, The Watzloves oder The Sex Organs legen The Monsters Wert auf ein gepflegtes Erscheinungsbild. Auch Friseurbesuche dürften unternommen werden.

Wenn dann allerdings die mit Fuzzeffekt verzerrten Gitarren beim Anschneiden der Großhirnrinde Hits wie Baby you're my Drug einleiten, der Reverend das Lob der Wollust und Triebhaftigkeit predigt und gleich zwei Schlagzeuger auf eineinhalb Schlagzeuge eindreschen, muss eines schon klar sein: Diese Musik ist alt, aber sie ist nicht milde. (Christian Schachinger, 28.10.2016)