Kiel – Eisen ist ein grundlegender Nährstoff in den Ozeanen. Doch das lebenswichtige Element hat auch einen Nachteil: Gelöstes Eisen verbindet sich schnell mit Sauerstoff und ist dann von Organismen nicht mehr nutzbar. Lange war rätselhaft, warum selbst in tropischen Sauerstoffminimumzonen die gelösten Eisenkonzentrationen relativ gering sind. Ein internationales Forschungsteam unter Leitung des GEOMAR hat jetzt entdeckt, dass das Eisen dort durch Reaktion mit Nitrat an Stelle von Sauerstoff aus dem Meerwasser ausgefällt wird. Dieser Prozess hat auch Auswirkungen auf den Stickstoff- und den Kohlenstoffkreislauf – und damit letztendlich auf das Klima.

Eigentlich herrscht kein Mangel an Eisen auf der Erde. Das Metall gehört zu den häufigsten Elementen in der Erdkruste. Doch ausgerechnet im Meer ist gelöstes Eisen sehr selten, denn es reagiert schnell mit Sauerstoff zu schlecht löslichen und daher für Organismen nicht verfügbaren Eisenmineralen. Dabei ist gelöstes Eisen ein grundlegender Nährstoff für das Leben. Ohne Eisen kein Planktonwachstum, keine Nahrungskette, keine Photosynthese und keine Kohlenstofffixierung in den Ozeanen. Die Quelle des Nährstoffs ist für die Meeresforschung also eine zentrale Frage. Eigentlich müsste in sauerstoffarmen Gebieten viel gelöstes Eisen vorkommen, denn dort fehlt der Reaktionspartner. Doch Messungen zeigen, dass dies selbst in den großen Sauerstoffminimumzonen der tropischen Ozeane nicht der Fall ist.

Ein internationales Forscherteam unter Leitung des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel hat im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 754 "Klima-Biogeochemische Wechselwirkungen im Tropischen Ozean" jetzt einen Prozess entdeckt, der den Eisenabbau unter sauerstoffarmen Bedingungen erklärt. "Die Ergebnisse können auch dazu beitragen, so fundamentale Vorgänge wie den Stickstoff- und den Kohlenstoffkreislauf besser zu verstehen", erklärt Florian Scholz vom GEOMAR, Erstautor der Studie, die nun in der internationalen Fachzeitschrift "Earth and Planetary Science Letters" erschienen ist.

Wie verschwindet das Eisen aus dem Wasser?

Das Rätsel um die relative "Eisenarmut" in den tropischen Sauerstoffminimumzonen war bisher umso größer, weil frühere Studien gezeigt haben, dass der Meeresboden in diesen Regionen sehr viel Eisen an das Meerwasser abgibt. "Doch nur ein geringer Teil dieses Eisens kommt offensichtlich in den Wasserschichten nahe der Oberfläche und im offenen Ozean an. Genau dort wird es für die biologische Produktion benötigt", erklärt Scholz. Die Frage lautete also: Welcher Prozess entzieht dem Wasser das Eisen wieder?

Um diese Frage zu lösen, hat das Team im Januar 2013 während der Expedition M92 mit dem deutschen Forschungsschiff METEOR in der tropischen Sauerstoffminimumzone vor Peru ausgiebig Proben aus dem Meeresboden, aus der Grenzschicht zwischen Meeresboden und Meerwasser sowie aus verschiedenen Schichten des Meerwassers genommen. Diese Proben wurden anschließend umfassend auf chemische, physikalische und biologische Faktoren hin untersucht.

"Beteiligte Mikrobiologen haben unter anderem Genanalysen der im Wasser lebenden Mikroorganismen durchgeführt, um herauszufinden, welche Stoffwechselprozesse bei ihnen vorherrschen", erklärt Scholz. Außerdem hat das Team Partikelproben aus der Wassersäule im Elektronensynchrotron am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) untersucht. So konnten sie ermitteln, welche Eisenminerale in welchen Wasserschichten genau vorkommen.

Reaktion mit Nitrat

Nach der Auswertung dieser Analysen zeigte sich, dass das Eisen nicht mit Sauerstoff, sondern mit Nitrat reagiert. Dafür sorgen bestimmte Mikroorganismen, die auch für den Stickstoffabbau verantwortlich sind. "Diese Prozesse sind in Sauerstoffminimumzonen bisher nicht nachgewiesen worden", sagt Scholz, "sie sind aber wichtig, um das Gesamtsystem zu verstehen. Nur wenn wir wissen, wann warum wo bestimmte Nährstoffe für Planktonwachstum zu Verfügung stehen, können wir auch abschätzen, wie viel Kohlenstoff das Plankton durch Photosynthese binden und damit der Atmosphäre entziehen kann." (red, 1.11.2016)