Mit dem Hufschmied (offiziell: Huf- und Klauenbeschlag) würde die Zahl der reglementierten Gewerbe auf 81 steigen.

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Wien – Bei der Lockerung der Gewerbeordnung kämpft nicht nur die ÖVP mit Widerstand aus der Wirtschaftskammer, auch die SPÖ-Führung bekommt starken Gegenwind zu spüren. Der oberste Baugewerkschafter, Josef Muchitsch (SPÖ) und Metaller-Boss Rainer Wimmer haben in einer ganzseitige Anzeige in der "Kronen Zeitung" vor Liberalisierungstendenzen wie in Deutschland und einer Beeinträchtigung der Lehre gewarnt. Finanziert wurde die Anzeige von der Sparte Gewerbe und Handel in der Wirtschaftskammer.

Die Gewerkschafter sind damit auf Konfrontationskurs zur SPÖ-Spitze gegangen, bei der Klubchef Andreas Schieder eine Halbierung der reglementierten Gewerbe auf 40 fordert und dabei von Kanzler Christian Kern unterstützt wird.

Sorge um den Haarschnitt

In der "Kleinen Zeitung" legte Muchitsch nach. Er äußerte die Sorge, "dass die Gewerbeordnung so liberalisiert ist, dass das Gewerbe nicht mehr geordnet ist – und die Gewerbeordnung nicht mehr den Namen verdient". Und Muchitsch weiter: "Wenn wir etwa den Friseurberuf liberalisieren, wird es keinen Friseur mehr geben, der Qualität anbietet."

Allerdings gehen Insider derzeit ohnehin nicht von einer echten Lockerung der Gewerbeordnung aus. Wie berichtet, will die ÖVP sogar eine Anhebung der reglementierten Gewerbe. Laut jüngstem Entwurf soll "Huf- und Klauenbeschlag als eigenständiges reglementiertes Gewerbe aufgenommen werden", heißt es in dem Papier, das dem Standard vorliegt. Womit die Zahl der geschützten Berufe auf 81 steigen würde. Allerdings sei damit keine Verschärfung des Berufsantritts verbunden, heißt es von ÖVP-Seite.

Konsumentenschutz als Argument

Was ist passiert? Im Sommer hat die Regierung eine großangelegte Entschlackung der Gewerbeordnung angekündigt. Doch sobald konkrete Schritte geprüft werden, geraten sich die Regierungspartner in die Haare. In der ÖVP spielt man die von SP-Klubobmann Schieder geäußerte Kritik zurück. Das Wirtschaftsministerium habe die Freigabe der Berufszweige Reisebüros, Arbeitsvermittlung, Inkassoinstitute und Überlassung von Arbeitskräften angeregt. Dies sei aber von SPÖ-Seite wegen negativer Auswirkungen auf den Konsumentenschutz abgelehnt worden.

Wirtschaftskammer-Lobbying

Auch in anderen Fragen bleibt der Entwurf weit hinter den Ansagen der Regierung zurück, was auf heftiges Lobbying der Wirtschaftskammer zurückgeführt wird. Konkret findet sich der Vorschlag, wonach für alle freien Gewerbe ein Gewerbeschein ausreichend sein sollte, nicht im Vorschlag des Wirtschaftsministeriums. Hintergrund: Die Wirtschaftskammer kassiert für jeden Gewerbeschein die Grundumlage, eine Änderung würde somit bei der Interessenvertretung ins Geld gehen.

Eine zarte Lockerung gibt es bei den Nebenrechten. Hier gab es bisher schon die Möglichkeit, Arbeiten auszuführen, die in ein anderes Gewerbe fallen. Ein Beispiel: Pflasterarbeiten, die im Rahmen eines Bauauftrags anfallen. Nun wird hier eine konkrete Schwelle genannt. Die Nebenrechte dürfen maximal 15 Prozent der gesamten Tätigkeiten ausmachen.

Einfachere Betriebsanlagengenehmigung

Freigegeben werden sollen lediglich 19 Teilgewerbe (ebenfalls reglementiert, aber erleichterter Zugang) wie Änderungsschneider, Wäschebügler oder Friedhofsgärtner. Am weitesten gehen in dem Entwurf noch die Vereinfachungen im Betriebsanlagenrecht. Bautechnische oder naturschutzrechtliche Aspekte sollen im Anlagenverfahren konzentriert werden. Da es sich dabei nicht um Bundesmaterie handelt, ist eine Verfassungsbestimmung erforderlich. Zudem soll die Genehmigung von Betriebsanlagen künftig nicht länger als vier Monate (bisher sechs Monate) dauern. (as, 30.10.2016)