Die Rose Augusta Luise besticht durch ein immenses Blühvermögen.

Illustration: Dennis Eriksson

Wo Naturbegeisterung überall hinführen kann, ist schon spannend. Nehmen wir das Jahr 1772 und den 12. September. Sonst nur bedingt etwas los an dem Tag, hatte eine Gruppe junger Männer in und um Göttingen genug vom herrschenden Rationalismus der Aufklärung und schwärmte fortan von der Natur.

Sie erkoren Friedrich Gottlieb Klopstock zu ihrem Guru und nannten ihre Vereinigung Hainbund – in Anlehnung an Klopstocks Ode "Der Hügel und der Hain". Mitglieder dieser Studentenvereinigung waren unter anderen die Stolberg-Buam: Christian und Friedrich Leopold zu Stolberg-Stolberg, beide Dichter und Grafen. Aber, und das ist hier viel wichtiger, die beiden hatten eine jüngere Schwester.

Weil der Göre in ihrem elitären Konvent im Kloster Uetersen grad ein bisserl fad war und weil sie ebendort Goethes "Werther" gelesen hatte, begann sie mit ebendiesem eine innige Brieffreundschaft. Ihr Name ist Augusta Louise.

Inspirierter Züchter

Rosenkenner werden sich jetzt zungeschnalzend zurücklehnen und zu einem guten Glas Likör greifen. Allen anderen sei beschieden, dass diese junge Frau für den deutschen Rosenzüchter Mathias Tantau junior Inspiration und Namensgeberin für die 1999 aus den Sorten Foxtrot und Rachel gezüchtete Edelrose war. Dies geschah anlässlich Goethes 250. Geburtstags.

Die Rose Augusta Luise besticht durch ein immenses Blühvermögen. Sie fängt zeitig im Frühjahr an zu blühen und schiebt selbst im November immer wieder eine Blüte nach. Die Blüten selbst sind männerfaust- bis kindskopfgroß und stehen meist in losen Dolden dicht an dicht zusammen. Es sind gefüllte Blüten, deren Blätter vielfarbig zu einem Farbrausch führen.

Dominant ist im Schnittstadium ein cremiges Gelb mit einem rosa Zentrum und entzückend rosa Blatträndern. Dann schleichen sich beim Aufgehen der Blüte Apricot-Töne ein, in unterschiedlichen Changierungen mit Altrosa und Rosé korrespondierend.

Gewellte Petalen

Beim Aufblühen wächst die Blüte förmlich, ihre Mitte ist gedreht strukturiert. Die Blütenblätter (Petalen) selbst sind leicht gewellt, was dem Farbspiel zusätzlich dienlich ist. Die Optik wird vom Duft noch übertroffen. Wer eine intensiver duftende Rose kennt, spreche jetzt oder schweige für immer.

Gartlerinnen und Gärtner, die eine Augusta Luise pflegen, findet man zwischen Juni und November in der Regel in deren Nähe, um in den steten Genuss dieses Dufts zu kommen. Davon berauscht, erfreuen sie sich auch am erst sehr gesunden, dunkel glänzenden Laub und dem kräftigen Wuchs von gerne einem Meter pro Jahr.

Ihr Name ist Augusta Luise, nur Goethe durfte Gustchen sagen. (Gregor Fauma, RONDO, 10.11.2016)