Patschuli heißt eine Pflanze aus der Familie der Minzegewächse, es übernimmt diesen Herbst bei vielen Parfums eine tragende Rolle.

Illustration: Dennis Eriksson

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Das Leben ist eine ebenso schmutzige wie gefährliche Angelegenheit. Wer, darwinistisch betrachtet, überleben will, muss gut aufpassen. Diese Aufgabe übernehmen die Sinnesorgane. Im Vergleich mit Augen und Ohren hat die Nase einen vernachlässigten Status in der sauberen westlichen Welt. Trotzdem: Mehrere Studien belegen, dass der Mensch in der Lage ist, 1000 Milliarden (!) Gerüche zu unterscheiden. "Damit kann die veraltete Meinung der Unterlegenheit der menschlichen chemischen Sinne widerlegt werden", ist in der aktuellen Ausgabe der "Wiener medizinischen Wochenschrift" zu lesen. Die chemosensorische Leistung findet großteils unbewusst statt.

Das ist auch der Grund, warum Wohlgerüche seit Jahrtausenden im Einsatz sind. Sie übertünchen, beruhigen und verstärken die Anziehungskraft auf Geschlechtspartner.

Minzgewächs Patschuli

Patschuli heißt eine Pflanze aus der Familie der Minzegewächse, die in tropischen Ländern viele Zwecke erfüllt. Es übertüncht Übelgerüche, hält Ungeziefer aus sämtlichen Stoffen fern und entwickelt auf der Haut eine warme, verführerische Note, die zumindest manchen sehr gefällt.

Der Name Patschuli leitet sich aus dem Tamilischen ab, wo "patchai" das Wort für grün und "ellai" das für Blatt ist. Der botanische Name dieses Lippenblütlers ist übrigens Pogostemon, und konkret werden zwei Arten, nämlich Pogostemon cablin und Pogostemon heyneasus, für die Parfumgewinnung genutzt und auf Plantagen in der Karibik, China, Indonesien und Malaysia, Vietnam und Indien angebaut. Für das Öl werden die Blätter ausgepresst.

Lieben oder hassen

"Im Gegensatz zu vielen anderen Parfuminhaltsstoffen können nur Patschuli und Vetiver nicht im Labor künstlich reproduziert werden", sagt Hervé Fretay in einem Interview mit der deutschen Zeitung "Die Welt". Er ist beim Schweizer Duftkonzern Givaudan für die Beschaffung natürlicher Rohstoffe verantwortlich. Er weiß auch, dass Patschuli polarisiert. Während die einen den intensiv holzigen Geruch lieben, können ihn andere partout nicht ausstehen. Etwas ältere Semester tun ihn auch gerne als Hippieduft ab. Der Grund: Patschuliöl war in den 1960er-Jahren in der Flower-Power-Bewegung populär. Mitunter auch als Räucherstäbchen. Und weil sich chemosensorische Wahrnehmungen und Erinnerung stark miteinander koppeln, kommt es also darauf an, wie man damals zu langen Haaren und befreiter Sexualität stand.

Und steht. Denn auch Parfums unterliegen Moden – war Patschuli als Inhaltsstoff lange Zeit von der Bildfläche der Parfümerie verschwunden, so gewinnt die minzige Wasserpflanze derzeit wieder an Terrain. Allein diesen Herbst erscheinen um die zwanzig neue Düfte, die Patschuli in Herz- oder Basisnote verwenden. Der Grund: Es hält sich lange auf der Haut.

Niemals spontan urteilen

Allerdings ist Patschuli nicht gleich Patschuli, der unnachahmliche Inhaltsstoff hat eine enorme Bandbreite. Was für jeden Patschuli-Duft gilt: Wer einen ausprobiert, sollte niemals spontan urteilen. Es dauert, bis die Kopfnoten verflogen und die Herz- und Basisnoten sich auf der Haut eingerichtet haben. Erst dann entfaltet Patschuli sein Spektrum. Warm, honigsüß und orientalisch steigt "Patchouly" von Etro in die Nase und erinnert entfernt an räucherstäbchenrauchgeschwängerte Hippiekommunen.

Ganz weg ist diese Assoziation bei Van Cleef & Arples' "Moonlight Patchouli": Eine Kombination aus Zitrus und Zeder ergibt eine pudrige Note. Oder unendlich elegant beim neuen spanischen Nischenduft "A bulldog in the Atelier" von Designerin Teresa Helbig.

Patschuli kann so wie bei "Pivoine Suzhou" von Armani Privé oder "Signorina" von Salvatore Ferragamo aber auch rosig und damit ziemlich damenhaft interpretiert sein. Oder holzig in "Soul of the Forest" von Maison Martin Margiela. Oder zuckersüß mit Vanille, Karamell und Beeren etwa bei Paco Rabannes "Lady Million" genauso wie bei Victor & Rolfs "Bonbon Couture".

Eine gewisse Wärme spielt allerdings stets eine Rolle. Das tut gut, im Winter. (Karin Pollack, RONDO, 7.12.2016)

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Eau sensuelle von Bottega Veneta verbindet Pfirsich, Rose, Jasmin: Das klingt und duftet ganz weich. (66 Euro)

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Bulgari kombiniert für Thé noir Patschuli mit schwarzem Tee und Rose: hat eine ledrige Note (79 Euro)

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Waldig legt es Maison Margiela in Soul of the Forest an. Mit Tanne, Zeder und Moos. (119 Euro)

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Bei Yves Saint Laurent wird in Black Opium Wild mit Kaffee, Jasmin und Orangenblüte gespielt. (88 Euro)

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Indisch, exotisch und honigsüß: Etro wagt mit Patchouly eine olfaktorische Zeitreise in die 60er Jahre. (130 Euro)

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Van Cleef & Arples kombiniert in Moonlight Patchouli Rose, Iris und Kakao, eine perfekt pudrige Eleganz. (130 Euro)

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L'envoi de Cartier ist ein holziger Nektar für Männer, die Honig, Moschus und den Orient mögen. (116 Euro)

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Resist me aus der Parfumserie Liaison de parfum von Nana de Bary macht auf Lavendel und Leder.