Artur Wechselberger, Präsident der Ärztekammer, hält die Verhandlungen über das Primärversorgungsgesetz für beendet.

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Wien – Die Ärztekammer betrachtet die Verhandlungen über den Entwurf des Gesundheitsministeriums für ein neues Gesetz für die medizinische Primärversorgung für beendet. Nach 16 Verhandlungsrunden sei man zu einem Punkt gekommen, wo eine Fortsetzung keinen Sinn mehr habe, meinte Präsident Artur Wechselberger am Mittwoch bei einer Pressekonferenz. Er geht davon aus, dass das Ministerium das auch so sieht. Das ist aber nicht der Fall: Auf STANDARD-Nachfrage heißt es, dass man weiterhin an einem Gesetz arbeite.

Wechselberger begründete seine Einschätzung damit, dass in dem Entwurf für einen 15a-Vertrag zur Gesundheit im Rahmen des geplanten Finanzausgleichs nichts von einem solchen Primary-Health-Care-Gesetz stehe. Er sieht deshalb die Chance für einen Neustart und geht davon aus, dass zwar nicht mehr über den Entwurf des Ministeriums, wohl aber über die geplante neue Primärversorgung verhandelt wird. Die Verhandlungen über den Gesetzesentwurf seien an einem Punkt, wo sie "in dieser Form nicht fortsetzbar" seien.

Hier scheint es aber eine Interpretationsfrage zu sein: Das Büro von Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) will weiterverhandeln, derzeit müsse der Gesetzesentwurf mit dem Koalitionspartner abgestimmt werden. Die Gesundheitsministerin will auch – anders als die Ärztekammer – an einem Gesetz festhalten. Dieses sei notwendig, weil einheitliche Rahmenbedingungen für eine optimale Gesundheitsversorgung in der Bevölkerung notwendig seien, heißt es in einer Stellungnahme.

"Mängel" behebbar

Der Ärztekammer-Präsident hält ein eigenes Gesetz auch nicht für nötig, die Regelungen könnten auch in bestehende Gesetze, wie das ASVG oder das Ärztegesetz, aufgenommen werden. Wechselberger begrüßte ausdrücklich, dass der 15a-Vertragsentwurf für die Primärversorgung die Möglichkeit zur Vernetzung bestehender Praxen sowie für Zentren die Möglichkeit von Gruppenpraxen vorsieht. Letztere hätten zwar noch "Mängel", wie etwa dass Ärzte keine anderen Ärzte anstellen dürfen, diese hält er aber für behebbar.

Positiv bewertet Wechselberger auch, dass für die Elektronische Gesundheitsakte Elga 41 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden sollen. Er hofft, dass diese Mittel auch den niedergelassenen Ärzten zur Verfügung gestellt werden. Auch dass die Lehrpraxen von der öffentlichen Hand zu 75 Prozent finanziert werden sollen, begrüßte der Ärztekammer-Präsident ausdrücklich.

Ärztekammer als "Störfaktor"

Damit war es mit dem Lob aber auch schon wieder vorbei. Wechselberger kritisierte an der 15a-Vereinbarung grundsätzlich, dass die Patienten nichts zu sagen hätten und die Leistungserbringer auch nicht. Es sei "eines der Urprobleme", dass diese sich den Planungen "zu unterwerfen" hätten. Die Ärztekammer werde "als Störfaktor" empfunden, ihre Expertise werde nicht gewollt, beklagte der Präsident.

Die jetzt geplante 15a-Vereinbarung ist für Wechselberger im Wesentlichen nur eine Fortsetzung des alten, im Jahr 2012 geschlossenen Vertrages, der auch kaum umgesetzt worden sei. Er erinnerte daran, dass man in jedem Bundesland zumindest zwei Primärversorgungseinrichtungen errichten und ein Prozent der Bevölkerung damit versorgen wollte. Beides wurde nicht erreicht.

Ebenso wie der alte Vertrag ist für Wechselberger auch der geplante neue nur ein "bürokratischer Moloch, dessen Ergebnis nicht einmal Rauch ist". Ziel sei es, das Niveau der Versorgung so niedrig wie möglich zu halten, um die Kosten zu senken. Die Ärztekammer werde aus der Planung hinausgedrängt, um den Mangel zu verwalten, kritisierte Wechselberger. (APA, mte, 2.11.2016)