Kreative Planung: Vorgelagerte Veranden dienen am Handelskai als Pufferzone hin zur Straße. Dadurch können Bewohner ihre Fenster öffnen, ohne dass Lärm direkt in die Wohnung dringt.

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Alle Wohnungen des Projekts Triester Straße 40 sind in die ruhigen Innenhöfe ausgerichtet. Glaswände halten Lärm draußen.

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In Wien wird eifrig gebaut. Auf der Suche nach Grundstücken ist Bauträgern und zukünftigen Bewohnern vieles recht, etwa auch ein Bauplatz neben einer stark befahrenen Straße. Ein solches Vorhaben ist aktuell auf der Triester Straße 40 im zehnten Bezirk in Bau, ein weiteres an der Adresse Handelskai 132 im zweiten Bezirk.

Die technischen Vorgaben, vor allem was den Lärmschutz zur Straße hin anbelangt, sind bei diesen Projekten hoch. Die Fenster sind mehrfach verglast, die Mauern aus Stahlbeton. "Da geht kaum Lärm durch. Dennoch machen wir den Interessenten nichts vor und reden das nicht schön. Das Haus steht nun einmal erste Reihe Handelskai", sagt Georg Flödl vom Unternehmen Immobilien Funk, das die Wohnungen des Projekts "Home 2" am Handelskai vermarktet.

"Interessenten können sich ein Modell des Wohnhauses ansehen, auf dem Bahnstrecke und Straße vor dem Haus gut erkennbar sind, zudem empfehlen wir allen potenziellen Käufern eine Besichtigung", so Flödl.

Insgesamt entstehen durch das Projekt im zweiten Bezirk 138 Wohnungen: 32 geförderte Mietwohnungen, 19 Smart-Wohnungen und sechs Wohnungen mit Superförderung, das Erdgeschoß bekommt einen Kindergarten. Darüber, vom vierten bis zum neunten Obergeschoß, werden von der Stumpf Wohnprojekte GmbH 81 freifinanzierte Eigentumswohnungen realisiert, die ab 3000 Euro pro Quadratmeter verkauft werden.

Geschlossene Wohnhöfe

Wie genau der Lärmschutz bei einem solchen Neubauprojekt gewährleistet wird, erklärt Anton Müller vom Architekturbüro Europroject ZT, das den Komplex an der Triester Straße gemeinsam mit Otto Häuselmayer geplant hat: "Schallschutzgutachten legen beispielsweise fest, welche Fenster verwendet werden müssen." Um Lärmbelästigung von der benachbarten OMV-Tankstelle zu verhindern, wurden auf der Triester Straße die Innenhöfe mit einer Glaswand abgeschlossen. Zudem habe man mit der OMV Abmachungen zugunsten der zukünftigen Bewohner getroffen, etwa dass die Dachventilatoren gegen leisere Modelle ersetzt werden.

Natürlich spielen die Themen Lärm und Schallschutz auch schon bei der Planung eines solchen Wohnprojekts eine wesentliche Rolle. An der Triester Straße etwa sind alle Wohnungen in die Innenzone, also hofseitig, orientiert. Um die Bewohner zudem vor unangenehmen Gerüchen von der Tankstelle zu schützen, sind im angrenzenden Wohnblock nur kleine Badezimmerfenster in diese Richtung vorgesehen.

Zur Straße hin liegen im Erdgeschoß Nahversorger mit 2500 Quadratmetern Verkaufsfläche, im ersten Stock Büroflächen. Darüber ist ein Studentenwohnheim untergebracht. Wohnungen gibt es nur in den Dachgeschoßen. "Die Widmung hat vorgesehen, dass reine Wohnfläche erst ab einer Höhe von 16 Metern entstehen darf, das Studentenwohnen gilt als gewerbliches Wohnen", erklärt Architekt Müller. Eine kontrollierte Wohnraumbelüftung sorgt für die Frischluftversorgung in den Räumen, auch bei geschlossenen Fenstern.

Große Herausforderung

Die Errichtung von Wohnbauten an Haupteinfallstraßen sei generell eine große Herausforderung sowohl für die MA 21, die für Flächenwidmung und Stadtteilplanung zuständig ist, als auch für Bauträger und Architekten, sagt Müller. An der Triester Straße 40 entstehen insgesamt 190 Wohneinheiten mit Schwerpunkt auf gefördertem Wohnbau – ein Gemeinschaftsprojekt der Bauträger Neues Leben, WBV-GPA und BWSG. Neben den schon erwähnten Nutzungen werden im Komplex außerdem zwölf Einheiten für betreutes Wohnen und ein Kindergarten untergebracht.

Laut einer Straßenverkehrszählung im Auftrag der Stadt Wien aus dem Jahr 2010 sind auf der Triester Straße an einem Werktag durchschnittlich 22.800 Fahrzeuge unterwegs. Dass diese hohe Verkehrslast trotz baulicher Lärmschutzvorkehrungen die Nachfrage schmälern könnte, glaubt Müller nicht und argumentiert: "Die Wohnungen im GPA-Hochhaus, das direkt hinter dem geplanten Projekt auf der Triester Straße steht, waren vergeben, noch bevor das Gebäude fertig war. Auch dort hat man große Sorgfalt walten lassen, dass gute Wohnqualität entsteht." Diskussionen und Bedenken habe es in der Planung des neuen Projekts natürlich dennoch gegeben, gibt Müller zu. "Aber was machen die Leute, die seit Jahrzehnten an der Triester Straße leben? Die haben keine technisch hochwertigen Elemente, wie wir sie einsetzen, und sie können auch nicht umgesiedelt werden."

Veranda als Puffer

Beim Bauprojekt "Home 2" am Handelskai sind, anders als in der Triester Straße, einige der Wohnungen sehr wohl zur Straße hin ausgerichtet. Das liegt vor allem daran, dass hinter Straße und Bahntrasse die Donau liegt und das "Leben am Wasser" ein wichtiger Teil des Vermarktungskonzepts von "Home 2" ist. Um zu verhindern, dass Lärm von den Bewohnern als störend empfunden wird, ist die Fassadenfläche in den Regelgeschoßen mit vorgelagerten Verandaflächen als "Pufferraum" versehen, wie Dieter Dinhobl, Geschäftsführer der Stumpf AG, erklärt. Diese Freiflächen bilden quasi eine zweite Haut und sind mit Glasschiebeelementen zu schließen. Dadurch können die Fenster der Wohnung geöffnet werden, ohne dass Lärm direkt in die Wohnung dringt.

Die Dachgeschoßwohnungen verfügen über Terrassenflächen. Eine Lüftung über Fassaden-Zugluftelemente sorgt für frische Luft, erklärt Dinhobl. Bei den Wohnungen zur Straße hin sei sie essenziell.

Auch am Handelskai ist die Nachfrage groß, sagt Dinhobl. Zwei Drittel von 81 Wohnungen sind bereits verkauft, obwohl noch am Rohbau der Wohnanlage gearbeitet wird. "Über diesen hohen Verwertungsstand in einer so frühen Projektphase sind wir selbst überrascht. Oft entscheiden sich die Interessenten erst nach einer Besichtigung für einen Kauf, nicht bei diesem Projekt. Die Käufer gehen zu Recht davon aus, dass der Schallschutz einwandfrei ist." Aus diesem Grund wirke sich auch die Nähe zur stark befahrenen Straße direkt vor dem Haus nicht auf die Quadratmeterpreise aus.

Feiner Staub

Was beide Bauprojekte gemeinsam haben: Schall und Lärm werden effektiv nach draußen gesperrt. Jedoch werden gute Fenster, Mauern oder vorgelagerte Veranden es nicht schaffen, Belastungen durch Feinstaub komplett auszuschließen. Denn der kann auch bei geschlossenen Fenstern ins Innere dringen, und die Belastung ist an stark befahrenen Straßen oft ähnlich hoch wie in Raucherlokalen.

Wem Luftqualität ein großes Anliegen ist, der sollte – so rät die Umweltschutzabteilung der Stadt Wien auf ihrer Homepage – möglichst nicht direkt an einer Hauptverkehrsstraße wohnen. Schon die nächste Quergasse oder Parallelgasse mit geringerer Verkehrsbelastung bedeute deutlich niedrigere Stickoxid-Konzentrationen. (Bernadette Redl, 8.11.2016)