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Wien – Die Herbstlohnrunde der Metaller ging am Freitag weiter. Kaum waren die Kollektivvertragsverhandlungen (KV) der Maschinen-, Metallwaren- und Gießereiindustrie frühmorgens abgeschlossen, begannen Bergbau-, Eisen- und Stahlerzeuger zu feilschen. Sie sind mit ihren 17.000 Beschäftigten im Prinzip ein Heimspiel des Leitbetriebs Voestalpine, bei den Verhandlungen orientierten sich Produktions- und Privatangestelltengewerkschaft (Proge und GPA) aus taktischen Gründen aber am Abschluss der Maschinenbauer.

Im Ergebnis unterscheiden sich die Abschlüsse der beiden Fachverbände kaum: Löhne der untersten Entgeltstufe werden um zwei Prozent erhöht und der klassische Produktionsbereich mit den Facharbeitern um 1,75 Prozent. In den fünf obersten Rängen der Gehaltstabelle mit großteils Industrieangestellten verflacht sich der Anstieg auf plus 1,5 Prozent beziehungsweise 1,2 Prozent für die höchsten Tarifklassen.

Freizeit-Option

Im Gegensatz zu den 120.000 Beschäftigten der Maschinen-/Metallwarenindustrie gibt es für Beschäftigte in Bergbau/Stahl auch heuer die Möglichkeit, die Ist-Lohn-Erhöhung gegen freie Tage zu tauschen ("Freizeit-Option").

Für die noch anstehenden KV-Runden von Fahrzeug- und Nichteisenmetallindustrie (Aluhersteller), die aufgrund der zähen Verhandlungen der Maschinenbauer sistiert worden waren, erwarten Involvierte ähnliche Ergebnisse.

Als Niederlage für die Gewerkschaft sieht Proge-Vorsitzender Rainer Wimmer das Ergebnis nicht, obwohl es deutlich hinter den geforderten drei Prozent liegt: "Der Abschluss bedeutet einen deutlichen Realeinkommenszuwachs von ein Prozent über der Teuerung", sagte er unter Verweis auf die maßgebliche Inflationsrate von 0,73 Prozent.

Mit Blick auf den Geltungszeitraum relativiert sich das. Wirtschaftsforscher prognostizieren die Inflation 2017 auf 1,7 Prozent. "Die holen sie sich nächstes Jahr, wenn es so kommt", sagt Wifo-Konjunkturexperte Marcus Scheiblecker. Die Lohnrunde ziele diesbezüglich stets auf die vergangene Periode ab. Die Inflation hänge massiv am Erdölpreis und sei daher schwer vorauszusagen.

Vertane Chance

Insgesamt liege der Abschluss im erwarteten Rahmen und sei auch ökonomisch sinnvoll, sagte Scheiblecker zum STANDARD. "Es ist eine Verteilungsfrage und geht nicht eins zu eins in die Wettbewerbsfähigkeit." Eine weitere Abweichung vom errechneten Richtwert von 1,5 Prozent wäre problematisch gewesen hinsichtlich der Wettbewerbsfähigkeit. Eine vertane Chance sei die Freizeitoption: "Freie Tage statt Lohnerhöhung, das hätte etwas bringen können", wenn Arbeit auf mehr Köpfe verteilt wird.

Das sehen die Arbeitgeber rund um ihren Chefverhandler Veith Schmid-Schmidsfelden anders. Sie hätten sich weitergehende Gleitzeitregelungen gewünscht. Etwa eine Verdoppelung der zuschlagsfrei auf Zeitkonten sammelbaren Stunden auf 120. Der Abschluss sei aber "annehmbar für beide Seiten", hieß es in einer Aussendung. Die Personalchefin von Maplan, Hersteller von Elastomer-Spritzgießmaschinen in Kottingbrunn, Monika Kis-Contos, ist enttäuscht: Angesichts der historisch niedrigen Inflation und kaum vorhandenen Wirtschaftswachstums sei der Abschluss "sehr hoch".

Der neue Metaller-Mindestlohn beträgt nun 1785,03 Euro. Als "sozialpolitische Vorreiter" sehen sich beide Seiten bei der Anrechnung von Karenzzeiten. Sie werden künftig bei Entgeltfortzahlung, Urlaub und Abfertigung berücksichtigt, wobei Letzteres nur Dienstnehmern zugutekommt, die vor 2003 eingestellt wurden, also im alten Abfertigungssystem sind. Die Fahrtkosten zu Berufsschulen zahlt künftig der Arbeitgeber. (ung, 4.11.2016)