Wien – Die letzte Frist war dann doch nicht die letzte Frist. Eigentlich wollte Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) bis Montagmittag von allen Ländern verbindlich wissen, ob sie seinem jüngsten Kompromissvorschlag bei der Mindestsicherung zustimmen können. Dieser sah vor, dass die Länder, sofern sie das wollen, eine Deckelung der Sozialleistung von 1.500 Euro für Mehrkindfamilien einführen können.

Für Flüchtlinge hatte Stöger grundsätzlich die gleiche Leistung wie für Inländer geplant – zumindest dann, wenn sie eine Integrationsvereinbarung unterzeichnen. Nur wer das nicht tut, dem sollte die Mindestsicherung von 837 auf 520 Euro gekürzt werden. Realpolitisch hätte diese Regelung aber wohl keine Auswirkung gehabt, weil es bis jetzt niemanden gab, der die Integrationsvereinbarung nicht unterzeichnet hätte.

Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) am Montag vor einer weiteren Verhandlungsrunde mit Ländervertretern.
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Keine Ausnahmen vom Deckel

Der ÖVP war das aber zu wenig. Die Bundespartei und auch mehrere Landeshauptleute machten klar, dass sie dem Vorschlag des Ministers nicht zustimmen könnten. Zum einen möchte man keine Ausnahmen beim Deckel, und zum anderen fordert die ÖVP eine Wartefrist bei der Mindestsicherung. Nur wer in den letzten sechs Jahren fünf Jahre in Österreich gelebt hat, sollte die volle Mindestsicherung bekommen.

Von der SPÖ wie auch von den die Grünen, die in einigen Ländern mitregieren, wurde das bisher kategorisch abgelehnt. Bei einer neuen Verhandlungsrunde mit Landeshauptleuten, Finanzreferenten und ÖVP-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner, die am Montag kurzfristig nach den Finanzausgleichsverhandlungen angesetzt wurde, rückte Stöger aber jetzt laut STANDARD-Informationen von seiner Haltung ab.

520-Euro-Sockel

Angeboten wurde folgende Regelung: Grundsätzlich gibt es für Asylberechtigte einen Sockelbetrag von 520 Euro. Die Länder könnten dann autonom entscheiden, in welcher Höhe sie einen Integrationsbonus gewähren. Dieser müsse aber "im Einklang mit unionsrechtlichen Bestimmungen" sein, heißt es. Der Zusatz ist dem Ministerium wichtig: Man ist nämlich noch immer der Meinung, dass eine Schlechterstellung von Flüchtlingen EU-Recht widersprechen würde.

Die Entscheidung, geringere Leistungen auszuzahlen, läge dann aber eben in der Verantwortung der Länder. Sie würden also dokumentieren, dass sie es für unionsrechtlich korrekt halten, Unterschiede zu machen.

Deckel als Mussbestimmung

Auch beim Deckel von 1.500 Euro ist Stöger zu weiteren Konzessionen bereit: Er schlägt nun doch vor, eine Mussbestimmung daraus zu machen. Kein Land dürfte also bei neuen Fällen mehr als 1.500 Euro für Mehrkindfamilien auszahlen. Gelten würde der Deckel aber nur für arbeitsfähige Vollbezieher. Wer also nicht arbeitsfähig ist (etwa aus gesundheitlichen Gründen) und mehrere Kinder hat, könnte trotzdem mehr als 1.500 Euro bekommen.

Bei der Verhandlung im Sozialministerium waren freilich nur rote und schwarze Vertreter anwesend. Fraglich ist, ob die Grünen bei diesem Kompromissangebot noch an Bord wären. Sie regieren nicht nur in den westlichen Bundesländern mit, sondern auch in Wien, wo es mit Abstand die meisten Mindestsicherungsbezieher gibt. Damit ein österreichweiter Bund-Länder-Vertrag in Kraft treten kann, müssten aber neben dem Nationalrat auch alle neun Landtage zustimmen.

ÖVP prüft

Im Büro von ÖVP-Chef Mitterlehner wollte man sich am Montag noch nicht abschließend zu dem neuen Stöger-Vorschlag äußern. Entscheidend sei das Gesamtpaket. Die Länder würden die Vorschläge nun prüfen. Für Mittwoch dieser Woche ist eine weitere Sitzung der Landesgranden mit dem Sozialminister geplant. Von einer letzten Frist ist nicht mehr die Rede. (Günther Oswald, 7.11.2016)