Wien/Madison – Der Frage, ob Waldbrände oder Sturmschäden auch positive Auswirkungen auf Wälder haben, gingen Forscher der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien in zwei Studien nach. Das Ergebnis: Störungen können Wäldern durchaus dabei helfen, sich an den Klimawandel anzupassen und für schädliche Borkenkäfer unattraktiver zu werden, wie die Wissenschafter in "Global Change Biology" und "PNAS" berichten.

Durch die fortschreitende Veränderung des Klimas werden Störungen des Waldes häufiger, sagte Rupert Seidl von der Boku. "In unseren Breiten sehen wir einen überdurchschnittlich starken Klimawandeleffekt. Der Alpenraum erwärmt sich ungefähr doppelt so stark, wie das im globalen Mittel der Fall ist. Da stellt sich dann die Frage, was das für den Wald bedeutet", so der Forscher.

Die Experten griffen für ihre Computersimulationen daher auf Daten aus dem Nationalpark Kalkalpen in Oberösterreich zurück. Neben raschen Klimaveränderungen waren gerade die nördlichen Kalkalpen in den vergangenen Jahren zudem stark von Windwurf und Käferbefall betroffen.

Nützliche Beschleunigung

Da der Wald insgesamt ein System ist, das sich nur relativ langsam wandelt, die Klimaveränderung aber schnell fortschreitet, komme es zu einem Ungleichgewicht zwischen dem Klima und der Zusammensetzung des Waldes. Durch Störungsereignisse werden allerdings Nischen frei, die relativ rasch von besser an die neuen, wärmeren Bedingungen angepassten Arten aufgefüllt werden, so der Forscher. Alles in allem verbessere das den Zustand des Waldes und beschleunige notwendige Erneuerungen.

Eng wird es den Simulationen zufolge, in denen die Forscher eine Erwärmung von etwas über drei Grad Celsius annahmen, vor allem für Baumarten, die eher an höhere Lagen und kühlere Temperaturen angepasst sind, wie etwa die Fichte. Seidl: "Die Fichte versucht zwar noch, nach oben zu wandern, aber da geht ihr dann irgendwann die Fläche aus. In den mittleren Lagen wird sie stark von der Buche verdrängt. In den Tallagen und im Alpenvorland ist die Eiche die Gewinnerin. Es kommt also wirklich zu einer Reorganisation der Landschaft." Bis sich dieser Wandel aber komplett vollzogen hat und jede Baumart wieder ihren Platz gefunden hat, werde es noch mehrere Jahrhunderte dauern.

Chancen durch neue Heterogenität

In einem besonderen "Freiluftlabor" hat sich Seidl mit US-Kollegen in einer weiteren Untersuchung dann angesehen, wie sich Störungen in einem Wald auswirken, in dem fast nur Bäume einer einzigen Spezies stehen. Das ist im Yellowstone Nationalpark in den USA der Fall, wo die Drehkiefer dominiert. Hier konnten sich die Forscher etwa den Einfluss von Strukturunterschieden wie Alter oder Höhe der Bäume ansehen.

Im Yellowstone brannten 1988 große Flächen ab. Man nahm an, dass der Wald, wenn er nach einem Feuer sehr homogen aufwächst, in Zukunft ein gefundenes Fressen für eine aggressive Borkenkäferart ist. Diese befällt nämlich vor allem Wälder großflächig, wenn sie gleichförmig aufgebaut sind und genügend ältere Bäume beinhalten. Die US-Kollegen konnten aber zeigen, dass das Feuer nicht überall gleich wirkte und der Wald unterschiedlich schnell zurückkehrt. Es stehen dort nun also verschieden alte Bäume gleicher Sorte. Diese auf das Feuer zurückzuführende Heterogenität dämpfte das zukünftige Risiko für großflächigen Käferbefall, wie weitere Computersimulationen zeigten, über die das Team nun in "PNAS" berichtet.

Beide Studien würden verdeutlichen, dass die Variation, die Störungen mit sich bringt, auch positive Langzeiteffekte hat, so Seidl. In der Waldbewirtschaftung werde allerdings noch zu oft versucht, nach Störungen schnell wieder homogene Bedingungen herzustellen. "Natürlich ist es nicht erfreulich für die Waldbewirtschafter, wenn Teile des Waldes von Borkenkäfer, Wind oder Feuer geschädigt werden. Die dadurch entstehende Variabilität ist aber gleichzeitig auch eine Chance für die Anpassung des Waldes an die Anforderungen der Zukunft." (APA, red, 13. 11. 2016)