Die Rekonstruktion zeigt, dass Sichuanchelys palatodentata aus dem Oberen Jura bereits große Ähnlichkeit mit modernen Schildkröten hatte.

Illustr.: Lida Xing

Im Unterschied zu diesen besaß das Tier allerdings noch einige (wenn auch recht dezente) Zähne im Maul. Diese saßen nicht am Kieferrand, sondern am Gaumen der Schildkröte.

Illustr.: Lida Xing

Freiburg – Schildkröten gingen womöglich aus Echsen hervor, die hauptsächlich in der Erde wühlten. Das zumindest lässt ein im vergangenen Juli vorgestellter 260 Millionen Jahre alter Fund vermuten. Während sich der Panzer relativ schnell zum effektiven Schutzschild entwickelt hat – die ältesten bekannten Schildköten lebten vor rund 220 Millionen Jahren -, blieben einige Echsencharakteristika lange erhalten: Nun haben Paläontologen die 160 Millionen Jahre alten Überreste einer Schildkröte entdeckt, die immer noch Zähne im Maul trug.

Der Nachweis stammt aus der großen Ausgrabungsstätte in Wucaiwan in der westlichen Wüstenprovinz Xinjiang in China. Bisher kannten die Forscher nur 30 Millionen Jahre ältere bezahnte Exemplare. Der neue Fund hilft auch, die Abstammungslinien und Verbreitung von Schildkrötenarten wie mit Puzzlesteinen zu einem Gesamtbild über die Jahrmillionen zusammenzufügen.

Die Ausgrabungsstätte Wucaiwan ist vor allem bekannt als Fundort von Überresten von Dinosauriern aus dem Oberen Jura. Zwischen den ausgestorbenen Riesen wurden jedoch auch zahlreiche Fossilien gefunden, welche die lange Evolutionsgeschichte der Schildkröten, von denen es heute weltweit rund 350 Arten gibt, beleuchten können. Das internationale Forscherteam um Xing Xu vom Institut für Wirbeltierpaläontologie und Paläoanthropologie in China, beschrieb nun in der Fachzeitschrift "BMC Evolutionary Biology" eines der Fundstücke: Eine bisher unbekannte ausgestorbene Schildkrötenart, die sie mit Sichuanchelys palatodentata benannten – die Schildkröte mit bezahntem Gaumen.

Überraschend bezahnt

"Wissenschafter wussten auch zuvor, dass die frühesten Schildkröten noch Zähne besaßen, ein ursprüngliches Merkmal, das sie von ihren Reptilienvorfahren geerbt haben", sagt der Erstautor der Studie Walter Joyce von der Schweizer Universität Freiburg. "Allerdings stammte die zuvor bekannte Schildkröte mit Zähnen aus 30 Millionen Jahre älteren Felsen. Es war eine große Überraschung, dass die bezahnten Schildkröten noch so lange überlebten."

Über die Einordnung von Sichuanchelys palatodentata in die bisher bekannten Schildkrötengruppen erfahren die Forscher auch mehr über die Verwandtschaftsverhältnisse und die geografische Verbreitung der Arten. "Unsere Analyse offenbarte, dass die neu entdeckte Schildkröte die nächste bekannte Verwandte einer großen Landschildkröte ist, genannt Mongolochelys efremovi, die fast 100 Millionen Jahre später in Zentralasien lebte", sagt Koautor Márton Rabi von der Universität Tübingen. "Sie erschien uns merkwürdig. Aber wir erkennen nun, dass sie wohl den letzten Ausläufer einer langen Abstammungslinie bildet, die vor 70 Millionen Jahren in Asien bestand." (red, 8.11.2016)