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Ein begeisterter Trump-Fan.

Foto: Reuters/JONATHAN ERNST

Es ist, wie wenn man aus einem bösen Traum erwacht: Donald Trump ist US-Präsident. Daran werden wir uns gewöhnen müssen. Wir werden uns noch wundern, was alles möglich sein wird in den nächsten Monaten. Denn wenn Trump auch nur einen Teil seiner Ankündigungen umsetzt, wird in der Weltpolitik kein Stein auf dem anderen bleiben. Seine Unberechenbarkeit ist das einzig Berechenbare.

Setzt Trump seine Ankündigungen "Amerika zuerst" und "Make America Great Again" um, wird sich vor allem für die Europäer vieles ändern. Wenn der Republikaner die Außenpolitik an US-Interessen ausrichtet, wird er mehr militärisches Engagement von den Ländern jenseits des Atlantiks verlangen – schon aus finanziellen Gründen. Die Nato hat er bereits infrage gestellt, was erhebliche Auswirkungen auf die Sicherheitsarchitektur insbesondere in Osteuropa hat. Wie er mit der Türkei umgeht, hat massive Folgen für Europa. Die bisherige transatlantische Partnerschaft wird jedenfalls neu ausgerichtet werden müssen.

Das gilt auch für die Handelsbeziehungen: Unter seiner Präsidentschaft dürften weder das transpazifische Handelsabkommen TPP noch das amerikanisch-europäische Handelsabkommen TTIP große Chancen auf eine schnelle Verwirklichung haben. Damit entsteht die groteske Situation, dass Linke und Grüne in Europa, die den Handelspakt ablehnen, sich eigentlich freuen müssten über Trumps Sieg.

Schnaps oder Sekt

Während man sich in Brüssel und den anderen europäischen Hauptstädten wohl eher einen Schnaps nach diesem Ergebnis gönnt, dürfte im Kreml Sekt fließen. Vor einigen Wochen erklärte Trump, die USA müssten militärisch mit Russland kooperieren. Russlands Präsident Wladimir Putin, den Trump im Wahlkampf wiederholt gelobt hat, kann sich darauf einstellen, im neuen US-Präsidenten einen Verbündeten in vielen Belangen zu finden. Putin wird unter Trump aus seiner Isolation, in die ihn die Europäer und die bisherige US-Politik gebracht haben, herauskommen. Putin wird sich indirekt be- und gestärkt fühlen.

Da auch der Kongress in republikanischer Hand ist, hat der Milliardär auch innenpolitisch viel Spielraum, um seine rigorosen Pläne – etwa in der Einwanderungspolitik – umzusetzen. Eine seiner zentralen Ankündigungen war, eine Mauer an der Grenze zu Mexiko zu errichten. Wie die von ihm angekündigte Null-Toleranz-Politik aussehen wird, muss sich erst zeigen. Sicher nicht zu erwarten ist eine Fortsetzung der Bemühungen Obamas, die Bewaffnung von Bürgern einzuschränken. Trump wurde im Wahlkampf massiv von der Waffenlobby NRA unterstützt. Er will auch Obamacare aufheben.

Reiche werden profitieren

Unternehmer dürften ebenfalls profitieren, setzt Trump seine angekündigten Steuerpläne um. Gemäß seinem Slogan "Amerika zuerst" will er die Unternehmenssteuern radikal von 35 auf 15 Prozent senken, um mehr Unternehmen in den USA zu halten oder dorthin zu locken. Die Einkommensteuer soll bei 33 Prozent gedeckelt werden, was vor allem Großverdienern nützen würde. Die reichsten Amerikaner würden sich laut einer Berechnung des Magazins "Forbes" pro Kopf und Jahr 275.000 Dollar Steuern ersparen, die Ärmsten 128 Dollar.

Arbeitslos gewordenen Kohlekumpeln in West Virginia und Kentucky versprach Trump, sie wieder in Jobs zu bringen. Generell setzt er auf die Belebung der Industrie, also Jobs jenseits des Dienstleistungsbereichs. Das passt zu seinem Motto "Make America Great Again".

Ein Platz in den Geschichtsbüchern

Offen ist, wie Trump nach seinem Wahlsieg mit seinen innerparteilichen Widersachern bei den Republikanern umgehen wird und ob er seine Ankündigung, gegen seine Konkurrentin Hillary Clinton juristisch vorzugehen, umsetzt. Die ersten politischen Reaktionen rund um den Globus und an den Börsen zeigen: Nervosität und Unsicherheit. Gewiss ist nur, es wird sich vieles ändern.

Es war just am 9. November vor 27 Jahren, als die Mauer in Berlin fiel. Was sich durch diese Nacht verändert hat, was alles plötzlich möglich war und wie sehr sich die Welt seither verändert hat ... Wir stehen nun wieder vor einer Zeitenwende. Nach der Brexit-Entscheidung und Trumps Wahlsieg wird das Jahr 2016 in die Geschichtsbücher eingehen. (Alexandra Föderl-Schmid, 9.11.2016)