Wien – Beginnen wir mit der guten Nachricht: Woody Allen hat schon wieder einen Film gedreht, und es ist nicht sein schlechtester. Er hat damit im Mai sogar die Filmfestspiele von Cannes eröffnet. Die schlechte Nachricht: Es ist auch nicht sein bester.

Irgendwie wohnen die Stars in Hollywood auch langweilig: Kristen Stewart und Jesse Eisenberg als Zaungäste in "Café Society".
Foto: Warner

Café Society ist nämlich das, was Kritiker gerne einen kleinen Film nennen. Ein sogenanntes Nebenwerk. Das soll bedeuten, dass man sich nicht wundern soll, wenn ein solcher Film bald der Vergessenheit anheimfällt. Also spätestens in einem halben Jahr. Und man kann beobachten, wie jemandem wie Woody Allen, der nun wirklich niemandem mehr irgendetwas beweisen muss, das längst völlig egal ist.

Denn auf Woody Allen ist Verlass. Da gibt es seit Jahrzehnten keine Moden, Strömungen oder Einflüsse, die diesen Mann tangierten. Höchstens neue Gesichter junger Schauspielerinnen. Woody Allen ist wie ein Schachspieler, der scheinbar immer die gleiche Partie spielt – aber eben in unzähligen Varianten.

Die aktuelle Eröffnung führt ins Hollywood der 1930er-Jahre, wo der junge Bobby (Jesse Eisenberg) deshalb gelandet ist, weil es ihm in der Bronx zu langweilig geworden ist. Immer dieselben Eltern am Familientisch, während der mächtige Onkel Phil (Steve Carell) als einflussreicher Agent die Schönen aus Beverly Hills an die Studios vermittelt – wer wollte da nicht ein bisschen kalifornische Luft schnuppern.

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Womit Bobby, mit seinem linkischen Auftreten und seiner leicht gebückten Haltung natürlich ein junges Alter Ego Woody Allens, auch schon mittendrin ist in einer Affäre mit des Onkels Sekretärin Vonnie (Kristen Stewart), durch die der junge Mann das durchmacht, was fast alle durchmachen müssen: die Freuden und das Leid der ersten Liebe.

Café Society funktioniert wie ein perfekter Pastiche, der in Gelb- und Brauntönen die Bilder einer vergangenen Ära nachzeichnet, die so nie existiert hat. Aber Hollywood war schon immer weniger Traumfabrik als Reproduktionsmaschine. Vittorio Storaro, bekannt für seine Arbeiten für Bernardo Bertolucci, lässt also die Kamera elegant durch kunstvoll ausgeleuchtete Innenräume gleiten, während Rückblenden im Schnelldurchlauf den Charakteren ihre Biografien wie einen Maßanzug schneidern. So legt Bobbys älterer Bruder schneller eine Gangsterkarriere hin, als man ihm dabei zusehen kann.

Die Idee für diesen Film, der im Innersten von entscheidenden Versäumnissen und falschen Zeitpunkten erzählt – und wie man damit (nicht) zurechtkommt -, könnte jedenfalls nicht einfacher sein: Man darf ruhig scheitern an einer Wirklichkeit, die man nur halluziniert hat. Aber ob man tatsächlich gescheitert ist, entscheidet man letzten Endes selbst. Und diese Erkenntnis macht aus Café Society nicht nur ein Lehrstück über Abgeklärtheit, sondern auch einen bemerkenswerten Film. (Michael Pekler, 10.11.2016)