Die Grundkonstanten der US-Außenbeziehungen sind oft jenes Politikfeld, das am wenigsten von der Ablöse der jeweiligen Amtsträger im Weißen Haus berührt wird. Als jüngstes Beispiel dafür mag der Wechsel von der Regierung Bush II zu jener unter Barack Obama gelten, nach dem der Demokrat die (nachjustierte) außen- und sicherheitspolitische Linie seines republikanischen Vorgängers de facto fortführte und sogar Bushs Verteidigungsminister für mehrere weitere Jahre im Amt beließ.

Unter Donald Trump dürfte sich dieses Muster ändern. Denn bleibt der neugewählte Präsident bei seinen Ankündigungen, wird er seine internationale Agenda äußerst einseitig im amerikanischen Interesse auslegen. Dem Multilateralismus der führenden Macht in der Staatengemeinschaft wird der Unilateralismus einer Superpower folgen, die auf nichts und niemanden mehr angewiesen sein will. Statt des Weltpolizisten, der mitunter zögerlich, aber doch auch robust für das allgemeine Wohl eingriff, wird ein einsamer Cowboy durch die Geschichte reiten, der sich nur an seine eigenen Regeln halten und aus der Hüfte schießen wird, wann immer er dazu Lust hat.

Demgemäß will Trump die US-Streitkräfte von 490.000 auf 540.000 Soldaten aufstocken und mehr schnell einsetzbare Marines-Bataillone (36 statt 23) formieren. Die US-Navy will er von 270 auf 350 Schiffe anwachsen lassen, die Air Force von 1100 Kampffliegern auf 1200. Dieser militärische Druck soll sich vor allem auf China richten, dem er im Südchinesischen Meer die Schneid abkaufen will. Aber auch im Nahen Osten will er tätig werden (Flugverbotszone über Syrien, mehr US-Bodentruppen im Einsatz gegen den IS). Überdies soll die Wiederautorisierung der globalen Massenüberwachung durch die NSA und "harscher Verhörtechniken" im Kampf gegen Terroristen kommen.

Multilateral will er das Iran-Abkommen und den Klimavertrag entweder aufkündigen oder neu verhandeln. Die transatlantische Allianz mit den Europäern ist ihm – auch angesichts einer ausgesprochenen politischen Zuneigung zu dem russischen Autokraten Wladimir Putin – weniger wert. Die Europäer sollen sich außerdem mehr an der Nato beteiligen. Die EU ist Trump vollends gleichgültig. Vor allem auch, weil der Nato-Partner Türkei unter Sultan Erdogan im Zweifel strategisch wichtiger ist als der gesamte EU-Block. Nicht nur für den Cowboy, auch für Europa könnte es also einsam werden. (Christoph Prantner, 9.11.2016)