Snowden nahm an der Diskussion via Satellitenübertragung teil.

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Warum hat NSA-Mitarbeiter Edward Snowden vor drei Jahren sein Leben riskiert, um die Welt vor ausufernden Überwachungsmaßnahmen der US-Geheimdienste zu warnen? Er selbst sagte damals, er habe Angst davor, dass die Spionagemaschinerie in die Hände eines Tyrannen geraten könnten. Als genau den sehen viele Trump-Kritiker den neu gewählten US-Präsidenten, der sein Amt im Jänner antreten wird. Snowden hat den amtierenden Präsidenten Barack Obama nun aufgefordert, in der Zeit bis Jänner die Macht der NSA zu beschneiden.

Zeit für Veränderungen vor Trump

"Die Macht einer Regierung wird an die nächste weitergegeben", schrieb Snowden am Donnerstag auf Twitter, "diese zu reformieren ist jetzt eine der größten Aufgaben des Präsidenten." Es gebe noch Zeit, um etwa vom Weißen Haus beschlossene "executive orders" zu revidieren. Am Donnerstagabend äußerte sich Snowden dann in einer live übertragenen Diskussion ausführlich zur US-Wahl. Direkte Kritik am designierten Präsidenten Donald Trump vermied der Whistleblower allerdings weitgehend, auch wenn er von "verstörenden Aussagen im Wahlkampf" und einem "dunklen Moment in der Geschichte unserer Nation" sprach.

PGP-Erfinder: Plädoyer für Datenschutz

Snowden rief erneut alle Menschen auf, sich stärker um Datenschutz zu kümmern. Sorgen bereiteten ihm auch die Bürgerrechtsverletzungen in Russland und China. Die USA seien aufgrund der eigenen Überwachungsmaßnahmen jedoch in keiner Position, um glaubwürdig für Menschenrechte zu kämpfen, sagte Snowden weiter.

An der Diskussion nahm auch Phil Zimmermann teil, der den wichtigen Verschlüsselungsstandard PGP erfunden hat. Er lieferte ein eindrucksvolles Plädoyer für den Kampf gegen Überwachung. "In einer Demokratie können böse Menschen an die Macht gelangen", so Zimmermann, "und wenn sie eine Überwachungsinfrastruktur wie unsere erben, können sie diese nutzen, um an der Macht zu bleiben."

Snowden-Anwalt sieht Russland-Aufenthalt gesichert

Über seine persönliche Zukunft macht sich Snowden nach eigenen Angaben keine Sorgen. Er denkt nicht, dass die russische Regierung ihn nun an die USA ausliefern werde. "Russland hat mich als Verteidiger von Menschenrechten präsentiert – und sie haben gesagt, Russland sei kein Land, das Bürgerrechtler ausliefert", so der Whistleblower, der seine Taten nicht bereut. "Egal was passiert: Ob ein Drohnenangriff auf mich durchgeführt wird oder ich die Stiegen runterfalle: Ändern kann ich das ohnehin nicht", sagte Snowden laut "Guardian".

Sein russischer Anwalt hat Spekulationen über eine angeblich bevorstehende Auslieferung an die USA zurückgewiesen. Medien, unter anderem in Moskau, hatten berichtet, dass der Kreml diesen Schritt nach dem Wahlsieg von Donald Trump erwägen könnte. Das Exil von Snowden in Russland sei juristisch abgesichert, sagte Rechtsanwalt Anatoli Kutscherena der Agentur Interfax zufolge. "Ich bin überzeugt, dass sich die Regierung in Moskau nicht auf eine Abschiebung einlassen wird", sagte der kremlnahe Jurist. Die Aufenthaltsgenehmigung sei "rechtlich nicht zu beanstanden".

Trump-Positionen unklar

Trump selbst hat sich zu Snowden oder der NSA im Wahlkampf kaum geäußert. Aus der Zeit davor sind widersprüchliche Aussagen überliefert. Während Trump direkt nach den ersten Snowden-Enthüllungen davon sprach, dass er Snowden "heimholen" und sich bei ihm "entschuldigen" würde, forderte er später die Todesstrafe für den Whistleblower. Snowdens Position hätte sich wohl unter einer US-Präsidentin Clinton nicht verbessert. Clinton galt in ihrer Amtszeit als Außenministerin, ebenso wie Präsident Obama, als strenge Verfolgerin von Whistleblowern. (fsc, APA, 11.10.2016)

Update, 15:50 Uhr: Statement von Snowdens russischem Anwalt ergänzt.