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Trumps Frisur: "Mit einer guten Frisur punktet man bei der Schwiegermutter."

Foto: AP / Steve Helber

STANDARD: Es freut uns, dass wir Sie zu diesem Gespräch bewegen konnten. Die erste Frage ist sehr simpel: Wie sind Sie entstanden, waren Sie das Ergebnis eines missglückten Friseurbesuchs?

Trumps Frisur: Die Frage zeigt, wie ahnungslos ihr bei der Systempresse seid. Ich bin das Ergebnis jahrelanger Forschungsarbeit der besten Wissenschafter. Top-Soziologen und Top-Politologen der allerbesten Universitäten des Landes haben in einem streng geheimen Projekt im Auftrag der Republikaner zu eruieren versucht, welche Frisur dem angry white man, also dem einfachen weißen Mann von der Straße, am meisten zusagt. Das Resultat war ich: ein zur Frisur gewordenes "Fuck you" an die Eliten und Bonzen des Landes, mit dem sich Arbeiter von Michigan bis Wisconsin identifizieren können.

STANDARD: Aber Trump gehört ja selbst zur Elite. Er ist angeblich Milliardär, Kasinobesitzer.

Trumps Frisur: Ja klar, und ein Friseurbesuch kostet ihn so viel wie ein Einfamilienhaus. Aber das ist ja der Clou: Ich bin die Tarnung. Ich habe Trump erst zu dem gemacht, was er heute ist.

STANDARD: Aber was ist an Ihnen besonders?

Trumps Frisur: Ich bin wild, drücke zugleich aber Entschlossenheit und Selbstverliebtheit aus. Ich bin eine Mähne, die immer in Bewegung ist, schon bei der kleinsten Brise. Damit symbolisiere ich: Stillstand wird es mit mir nicht geben. Am wichtigsten ist aber, dass ich zudem auch lächerlich wirke. Manche glauben, das ist eine Schwäche, aber das ist Bullshit. Die Portion Lächerlichkeit sorgt dafür, dass Trump niemanden einschüchtert. Verstehen Sie, Trump kann verlangen, jeden Muslim und jeden Mexikaner von Los Angeles bis Miami abzuschieben, und wirkt dabei irgendwie eher obskur als gefährlich. Er bleibt wählbar, selbst für Latinos. Jetzt stellen Sie sich mal vor, der Mann hätte eine Glatze. Kein Mensch würde den Rassisten wählen.

STANDARD: Tragen Sie auch inhaltliche Verantwortung für den Mann?

Trumps Frisur: Klar, mit einer guten Frisur allein punktet man gerade mal bei Schwiegermüttern, die auf der Couch bei TV-Diskussionen zusehen. Aber ein erfolgreicher Politiker braucht ja inhaltliche Positionen, die einem im Gedächtnis bleiben. Dafür sorge ich. Sehen Sie, Trump hat gute Ideen, aber erst durch mich werden sie zu wahrhaften Geniestreichen.

STANDARD: Jetzt machen Sie uns neugierig. Ein Beispiel bitte.

Trumps Frisur: Jeder kann sich an die Forderung Trumps erinnern, eine 2000 Kilometer lange Mauer an der Grenze zu Mexiko zu errichten. Aber wieso? Jeder Irre kann so was vorschlagen. Es war aber meine Idee dazuzusagen, dass die Mexikaner selbst für diese Mauer bezahlen werden, mit der die Sache unvergesslich wurde. Die Eingemauerten bezahlen die Zeche – das ist einfach genial, darauf muss man erst mal kommen. Aber da ist noch mehr.

STANDARD: Noch mehr?

Trumps Frisur: Ich betreibe Trumps Twitter-Account und bin dort für die Beleidigungen von allen, von dieser Ostdeutschen Angela Merkel abwärts, verantwortlich. Und ich bin zuständig für psychologische Kriegsführung. Können Sie sich erinnern, wie Hillary Clinton in einigen der TV-Duelle abgelenkt gewirkt hat. Ich habe ihr ganz leise, nur für Sie hörbar, kleine Gemeinheiten zugeflüstert.

STANDARD: Was denn um Gottes willen?

Trumps Frisur: "Wenn du schon deinen Mann nicht zufriedenstellen kannst, wie willst du das mit Amerika schaffen." Das hat sie völlig aus der Bahn geworfen.

STANDARD: Das ist ja widerwärtig.

Trumps Frisur: Genau, langsam haben Sie den Dreh raus.

STANDARD: Sind Sie denn völlig unmoralisch, gibt es nichts, was Ihnen zu weit geht bei dem Mann?

Trumps Frisur: Natürlich gibt es Momente, in denen ich vor Scham nur ausfallen wollte. Aber Erfolg macht anziehend. Wie Trump gesagt hat: "Ich könnte jemanden erschießen und würde keine Wähler verlieren." Der Spruch stammt übrigens auch von mir.

STANDARD: Wir hätten da noch eine wichtige Frage: Was haben Sie eigentlich gegen Mexikaner? Ich meine, warum diese ständigen Angriffe?

Trumps Frisur: Wissen Sie, wie viele Transplantationen notwendig waren, bis ich geschaffen war? Haben Sie eine Vorstellung, wie viel Pflege notwendig ist, damit ich auch nur einigermaßen den Anschein erwecke, dichtes Haar zu sein. Die Mexikaner dagegen: Haarwuchs ohne Ende, da sprießt und gedeiht alles. Diese Ungerechtigkeit der Natur gilt es wettzumachen.

STANDARD: Sie reden gern und viel über Ihre Erfolge. Gibt es auch etwas, was Ihnen Angst macht?

Trumps Frisur: Ja. Melania.

STANDARD: Melania Trump, seine Ehefrau?

Trumps Frisur: Ich mag es nicht, angefasst zu werden. Nähe lehne ich ab. Leider ist Melania davon nicht abzubringen.

STANDARD: Sie werden ja jetzt viel auf Reisen sein, andere Politiker treffen. Auf wen freuen Sie sich besonders?

Trumps Frisur: Da gibt es sicher einige. Boris Johnson, der britische Außenminister, scheint mir von seiner Frisur her gesehen ein interessanter Mann zu sein. Auch Nordkoreas Führung scheint von Frisuren und Macht etwas zu verstehen. (András Szigetvari, Portfolio, 3.12.2016)