Donald Trump muss sich bei der chinesischen Wirtschaftspolitik bedanken, wenn es nach einer neuen Studie geht.

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Wien – Hätten die USA in der Vergangenheit weniger aus China importiert, wäre Hillary Clinton die nächste Präsidentin der Vereinigten Staaten von Amerika. Mit dieser provokanten These lässt eine Studie eines der renommiertesten Arbeitsmarktökonomen der Welt, David Autor, aufhorchen.

Der MIT-Forscher hat sich mit drei Kollegen angesehen, ob das Votum in unter chinesischer Konkurrenz leidenden Bezirken besser für Donald Trump ausgefallen ist. Das Ergebnis ist eindeutig: Ja, und wie! Für jeden Prozentpunkt an zusätzlichen Importen aus China schwenkte das Pendel zwei Prozentpunkte Richtung Trump.

China hat sich in den vergangenen Jahrzehnten vom Armenhaus der Welt zu einem der dynamischsten Wirtschaftsräume des Globus gewandelt. Die Industrie des Landes ist so riesig geworden, dass dort heute 25 Prozent der globalen Wertschöpfung stattfinden. 2000 waren es nur sieben Prozent.

"Made in China" statt USA

Während das hunderten Millionen Chinesen aus der extremen Armut half, hatte es auch große Auswirkungen auf die restliche Weltwirtschaft. China stellte vieles billiger her, was Länder wie die USA über Jahre selbst produzierten. Möbel, Spielzeug oder Schuhe wurden nun um einen Bruchteil "Made in China" eingekauft.

Für Ökonomen war das lange kein Problem. Alte Industrien und Jobs fallen weg, neue kommen dazu. So hat der Traktor vor Jahrzehnten viele Bauern arbeitslos gemacht. Diese zogen in die Städte und fanden neue Arbeit.

China importierte kaum etwas

Der Effekt war diesmal anders, weil China viel weniger importierte als exportierte. Hätte das Land also im Austausch amerikanische Produkte gekauft, wäre es anders gekommen. Den Betroffenen fehlten außerdem oft die Qualifikationen, um wieder eine Arbeit zu finden. So wurden viele arbeitslos. Wer einen Job fand, verdiente oft deutlich weniger als zuvor.

Das hat David Autor schon in einer anderen, ebenfalls heuer veröffentlichten Studie nachgewiesen, der in Medien und unter Wissenschaftern große Aufmerksamkeit zukam. Zwei Millionen Jobs seien unter dem Strich verloren gegangen, ohne dass sie durch neue ersetzt worden sind.

Knappes Ergebnis

Wie kommen die Forscher nun aber zum Ergebnis, dass das Clinton den Sieg gekostet hat? Unter der Hypothese, dass die Amerikaner um die Hälfte weniger aus China eingekauft hätten, zählen sie die Stimmen mit ihrem Modell quasi neu aus. Trump liegt oft nur knapp vor Clinton. In einigen betroffenen Staaten fehlen ihr nur ein paar zehntausend Stimmen.

Und in der Tat hätte Trump in Wisconsin, Michigan, Pennsylvania und in North Carolina nicht gewonnen, wäre dort die Unzufriedenheit wegen der geschlossenen Fabriken nicht so groß, so Autor. Ohne diese Staaten hätte er die Wahlen verloren.

Was-wäre-wenn-Rechnungen sind nur beschränkt sinnvoll, gestehen die Autoren der Studie ein, das Ergebnis sei aber sehr robust. (Andreas Sator, 25.11.2016)