FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache mit Bezirksvorsteher Paul Stadler bei der Wahlparty der Freiheitlichen im Oktober 2015.

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Wien – Kahle Bäume stehen an der Simmeringer Hauptstraße, vorm Diskonter blinken Weihnachtsbeleuchtungen, auf der Straße sind nur wenige Menschen unterwegs. Montagvormittag ist die Einkaufsstraße im elften Bezirk ausgestorben. "Das ist halt Simmering: verlassen und öde", sagt ein Mann, der auf die Straßenbahn wartet.

Bei den Bezirksvertretungswahlen im Oktober 2015 konnte die FPÖ zum ersten Mal seit 70 Jahren die SPÖ von der Spitze verdrängen. Seit einem Jahr stellt sie mit Paul Stadler den Bezirksvorsteher. Im Bezirk merke man von dem Machtwechsel wenig. "Gar nix hat sich verändert", sagt ein Mann, der seine Einkäufe erledigt: "Ich lebe seit 14 Jahren hier im Bezirk, und seit die Blauen da sind, ist es nur noch schlimmer geworden." Der Busfahrer beschwert sich über Baustellen, die Jugend, die nicht mehr "zu stoppen" sei. Auch, dass der 71er noch nicht nach Kaiserebersdorf verlängert wurde. "Nix ist passiert. Die Politiker versprechen einem alles, um Stimmen zu bekommen, aber Rot, Blau, Grün – das sind alles nur Farben." Bei der Wahl habe er der FPÖ seine Stimme gegeben, "um ein Signal an die SPÖ zu senden", jetzt sei er aber "enttäuscht".

Stadler: Stadt zögert Ausbau hinaus

Bezirksvorsteher Stadler weist jedoch die Schuld von sich. Er stünde im Kontakt mit Stadträtin Ulli Sima (SPÖ), die die Verlängerung des 71ers hinauszögere. "Sie bestraft die Simmeringer, weil sie blau gewählt haben", vermutet der Bezirksvorsteher, der bereits 3.000 Unterschriften für einen Ausbau gesammelt hat.

"Auf den ersten Blick merkt man nichts", sagt auch eine ältere Frau. Allerdings sei in puncto Verkehr viel weitergegangen, und es gab einen Brief, in dem Bilanz gezogen wurde. "Das ist gut", sagt die Frau mit Brille. Sie selbst habe zwar nicht FPÖ gewählt, finde die Transparenz aber positiv.

Auch Stadler gibt zu: "Großartig verändert hat sich nichts." Das liege aber mitunter daran, dass er nicht die absolute Mehrheit im Bezirk habe. Allerdings habe er bereits zwei neue Kreisverkehre umgesetzt. "Die SPÖ hat das begonnen, aber irgendwer muss das ja fertigmachen", sagt Stadler. Als Nächstes stehe die Parkraumbewirtschaftung auf seiner Agenda. "Ginge es nach mir, würden wir das Gratispickerl einführen, aber das geht in Wien nicht", sagt Stadler zum STANDARD. Er habe eine Studie in Auftrag gegeben, wo es möglich sei, das Parkpickerl einzuführen. Im kommenden Sommer soll es eine Abstimmung geben. "Ich will keine Befragung 'Ja oder Nein', sondern verschiedene Varianten anbieten."

SPÖ kritisiert "Unerfahrenheit"

Die SPÖ kritisiert Stadlers "Unerfahrenheit", die sich beim Parkpickerl zeige: "Ein Jahr nach seiner Wahl erwähnt er nichts mehr von einem günstigen Pickerl", sagt der stellvertretende Bezirksvorsteher Peter Kriz. Die Befragung sei "eine Forderung, die die SPÖ im Bezirk schon lange stellt".

Stadler kündigte am Montag zudem ein neues "Busschema" an. "Einige Linien sind nicht sinnvoll, fahren irgendwo zwischen den Gärtnereien herum, wo im Monat acht Leute zusteigen. Das ist nicht effizient." Gleichzeitig gebe es Gegenden, wo mehrere hundert Leute arbeiten, aber kein Bus hinfahre. Die Verhandlungen würden noch laufen. Klar ist aber: "Es wird zusätzliche Linien geben, alte werden weggenommen und neue Gegenden erschlossen", sagt er.

Offen bleiben aber noch einige Wahlkampfforderungen: Sowohl die Palmen auf der Simmeringer Hauptstraße als auch die autochthonen österreichischen Geschäfte sind ausgeblieben. "Den Kampf 'Stadler gegen Kebabstand' hat der Kebabstand gewonnen", sagt Kriz.

"Als Bezirksvorsteher muss er auch die Ausländer in Simmering vertreten", sagt ein Lokalbesitzer. "Wieso sollen wir unser Lokal zumachen, wenn so viel leer steht?"

Ressort aus Selbstbaukasten

Bilanz zog am Montag auch der nicht amtsführende Vizebürgermeister Johann Gudenus (FPÖ). Er wollte ein Sicherheitsressort leiten, Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) verweigerte ihm dieses aber. Darum musste er sich sein eigenes Ressort "zusammenzimmern" – das er als "Bürgernähe und Kontrolle" beschreibt. Er habe bereits beim Rechnungshof urgiert, den Bau des Krankenhauses Nord zu prüfen. Gudenus will sich noch einsetzen, die Mindestsicherung für Drittstaatsangehörige "auf null" zu reduzieren und Unternehmer zu entlasten. (Oona Kroisleitner, 29.11.2016)