Das Sortiment von Skinfit ist klein, die Farbauswahl beschränkt. Hier ein Rennanzug für ambitionierte Langläufer.

Foto: Skinfit

Vor 19 Jahren gründete Werner Battisti (rechts) die in Koblach ansässige Marke Skinfit. Links CEO Reto Wäffler.

Foto: Skinfit

Wir leisten uns den Luxus, auch Nein sagen zu können", sagt Werner Battisti – und strahlt übers ganze Gesicht. Es komme, erklärt Battisti, beim Neinsagen aber auf Kleinigkeiten an: den richtigen Moment. Den richtigen Ort. Und das richtige Selbstbewusstsein.

Battisti – heute 53 Jahre alt – hat vor 19 Jahren in Vorarlberg eine Marke gegründet, die heute Kultstatus besitzt – bei Triathlon- und Ausdauersportlern im deutschsprachigen Raum. Und auch wenn im Rest der Welt kaum jemand weiß, wer oder was Skinfit ist, ist das genau das, was Battisti will: Sein in Koblach, einen Katzensprung von Dornbirn entfernt, ansässiges Funktionswäschelabel ist mit 50 Mitarbeitern, 20 Millionen Euro Umsatz (2015) und 500.000 jährlich verkauften Artikeln in der Welt der Sportbekleider nicht einmal ein Zwerg, aber doch ein Faktor: "Wir wissen, dass unsere Triathlonanzüge bei den Mitbewerbern genau unter die Lupe genommen werden", sagt Battisti. "Wir wissen auch, warum."

Werner Battisti arbeitete vor 20 Jahren beim Vorarlberger Traditionsunternehmen Mäser. Mäser-Ski-Rollis mit Zipp findet man heute aber nur noch unter "Vintage" auf E-Bay. Schade, meint Battisti. Auch aus eigenem Interesse: Als Triathlet brauchte er schon vor 20 Jahren Sportbekleidung. Doch Funktionswäsche – im heutigen Sinn – gab es damals nicht. Heute bekommt man sie hingegen in tausend Qualitäts-, Stil- und Performanceausrichtungen von zig Herstellern in jedem Sport- und Wühlmarkt. Oder auch nicht: Hier beginnt die Geschichte vom "Luxus des Neinsagens", mit dem Battisti Skinfit aus dem Versacken in Beliebigkeit heraushält – und mit dem er sich das Etikett "Kult" holte.

Zielgruppe ist klar

Battisti gründete also Skinfit. Eine kleine Textilfirma, die in kleinem Rahmen und auf kleinem Raum für eine kleine Szene Funktionskleidung herstellte, die – wieder ein Nein – nicht jeder tragen kann: "Funktionskleidung, die nicht am Körper anliegt, kann keine Funktion erfüllen", ist das Credo des Skinfit-CEO Reto Wäffler. Was funktional-smart klingt, ist für viele Kunden eine Challenge: Wer seinen Köperfettanteil in Prozenten statt in Promille misst, wirkt in Skinfit meist wie eine Wurst in zu enger Haut. Die Koblacher irritiert das nicht: "Unsere Zielgruppe ist klar: Athleten und ambitionierte Hobbysportler."

Also eine Gruppe, bei der – angeblich – Funktion vor Fashion kommt: Skinfit-Design ist schlicht bis nüchtern. Farben? Gibt es. Schwarz, Rot, Weiß. Ab und zu Blau oder Grün. Selten Gelb und Grau. Als Zugeständnis an die "Femininisierung der Kundenstruktur" (Waeffler) gibt es in den letzten Jahren immer wieder limitierte Sondereditionen. Ohne Blingbling – aber pastellig.

Reduktion

Wer Skinfit trägt, sieht in diesem Minimalismus nicht Verweigerung, sondern Linie. Die Reduktion auf Funktion. Beim Laufen, beim Schwimmen, beim Radfahren, beim Langlaufen, beim Skitourengehen, beim Klettern, auf dem Berg: Battisti weiß, dass Ausdauersportler selten nur in einer Disziplin aktiv sind. Und bei dieser Klientel kann einer Marke nichts Schlimmeres passieren, als dass Heavy User am eigenen Leib das Versagen der Teile erleben: Scheuernde Shirts, nichttrocknende Hosen, nichtwärmende Jacken, nichtwasserdichte, winddurchlässige Regenkleidung oder schlecht verarbeitete Zipps, Nähte oder Taschen. Wer aber eine gute Nachrede hat, darf getrost teuer sein und auf saisonale Farb- und Detailveränderungen verzichten.

Bei Skinfit bleibt, was funktioniert, über Jahre gleich. "Das ist ein zentraler Punkt zur Nachhaltigkeit: Ich kann Ressourcen, Energie und Umwelt nicht besser schützen als durch einen langen Lebenszyklus von Produkten, die vielseitig und lange einsetzbar sind", sagt Reto Waeffler. Auch wenn Funktionsfasern und -textilien aus der Ökoperspektive selten das Label "grün" verdienen: "Wir sind die ersten, die Schadstoffe und Chemieeinsatz reduzieren – solange es nicht auf Kosten der Funktion geht."

Kleines Sortiment

Ähnliches gilt auch für die Produktion: Die in Koblach verwendeten Stoffe kommen großteils aus Strickereien in Vorarlberg, genäht wird mittlerweile zum überwiegenden Teil in Tunesien und China. "In Firmen, die Vorarlberger gegründet haben oder führen – das ermöglicht eine gewisse Kontrolle." Europa, so die Vorarlberger, habe "mittlerweile viel Verarbeitungs-Know-how verloren." Aber natürlich geht es auch um Kosten. Dennoch: "In Billigstlohnländern wie Bangladesch wird man uns nicht finden."

Verglichen mit großen Playern, hat das Unternehmen ein kleines Sortiment. Nur bekommt man Skinfit nicht dort, wo man alles andere bekommt: Battisti und Wäffler verkaufen ausschließlich über Monobrand-Läden und im eigenen Webshop: Angebot, Preise, Präsentation sind so aus einem Guss – und auch die Beratung.

Aber da ist noch etwas: Wer seine Ware als hochwertig positioniert sehen will, braucht alles, nur keine Abverkäufe und keine Megaangebote, bei denen Hochpreisware auf dem Wühltisch liegt. Da wird Premium austauschbar, zu etwas, das jeder hat und keiner wertschätzt: das Gegenteil von Kult.

In Vorarlberg kämpft Skinfit mit diesem Problem: In Bregenz ist Skinfit in Cafés und Fußgängerzone fast so präsent, wie Mammut in der Schweiz oder Nike im Rest der Welt. Battisti: "Ja, es gibt in Vorarlberg Leute, die sagen, die Marke sei ihnen nicht mehr exklusiv genug."

Freilich: Schon im übrigen Österreich und erst recht im Rest der Welt ist das ganz und gar nicht so: Zwei Drittel der Ware werden in Österreich verkauft. Noch vor fünf Jahren waren es 80 Prozent. Damit, sagt Werner Battisti könne er leben. Sehr gut sogar: "Der Weg stimmt. Auch weil wir genau wissen, wo wir uns den Luxus leisten, Nein zu sagen." (Thomas Rottenberg, RONDO, 12.12.2016)