IMBA-Direktor Josef Penninger ist einer der Gewinner der Life-Science-Strategie.

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Wien – Es gibt sie schon in großer Anzahl: die Pläne, Österreich zu einem der wichtigsten Wissenschafts- und Innovationsstandorte weltweit zu machen. Vergangene Woche ist ein weiterer dazugekommen: die Life-Science-Strategie des Wissenschafts- und Wirtschaftsministeriums, mit der man unter die Top-drei-Standorte weltweit in diesem Bereich kommen will.

Insgesamt 27 Maßnahmen umfasst das Papier, die teuerste unter ihnen ist schon seit längerem bekannt: Für ein Stammzellforschungszentrum am Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) werden bis 2020 insgesamt 27 Millionen Euro flüssiggemacht. 15 Millionen kommen vom Bund, den Rest steuern die Stadt Wien und das IMBA selbst bei.

Das neue Zentrum war das Zuckerl, mit dem IMBA-Chef Josef Penninger, der Abwerbeverhandlungen mit dem Berliner Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin führte, zum Bleiben bewegt werden konnte. Ein Schritt, der in der Wissenschaftscommunity nicht nur zu Applaus führte.

Verwertung von Wissen

Auch von einem eigens zu gründenden Translational Research Center für Life-Sciences hat man schon gehört. Hier sollen 40 Millionen Euro in den nächsten zehn Jahren fließen. Immerhin 8,3 Millionen werden vom Bund kommen, der Rest von Firmenpartnern. Das Center soll die Verwertung von Erkenntnissen aus der Grundlagenforschung fördern.

Bei der Präsentation der Strategie vergangene Woche am Forschungszentrum für Molekulare Medizin (CeMM) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften wurde auch der Status quo der Life-Sciences in Österreich dokumentiert.

Dabei wurden 823 Unternehmen mit 52.000 Beschäftigten und einem Umsatz von 19,1 Mrd. Euro dokumentiert (Daten 2014), die in diesem Themenfeld tätig sind. Dazu kommen 31 Universitäten und Fachhochschulen mit insgesamt 20.000 Personen. Euro. Zum jährlichen Forschungsoutput werden 8000 Studienabschlüsse, 8700 Publikationen und 215 Patentanmeldungen gezählt.

Hohe Wertschöpfung

Gesundheitsökonom Gottfried Haber von der Donau-Uni Krems hatte auch gleich wenig überraschende Daten parat, die die wirtschaftliche Relevanz der Life-Sciences untermauerten. Er berechnete durch die "Pharmabranche im weiteren Sinne" eine Wertschöpfung von 9,6 Mrd. Euro, das sind immerhin 2,8 Prozent des heimischen Bruttoinlandsprodukts.

Die Branche habe zahlreiche Stärken, hieß es: eine internal mehrfach als exzellent begutachtete Grundlagenforschung, die zahlreiche Grants des Europäischen Forschungsrats (ERC) einwirbt, und eine anwachsende Start-up-Szene.

Die Branche habe aber auch einige Schwächen; die geringe Dotierung der Grundlagenforschungsförderung und schwierige Bedingungen für die klinische Forschung, die dem Schwerpunkt medizinische Versorgung und den gesetzlichen Arbeitszeitregeln geschuldet sind. Auch beim Unternehmertum sieht man noch deutlich Luft nach oben.

Bei der Präsentation anwesend war auch George Zarkalis, Country President von Austria Novartis Pharma. Er kritisierte, dass Patienten wegen eines konservativen Erstattungssystems der Kassen nur sehr restriktiv Zugang zu innovativen Medikamenten haben, und zeigte sich optimistisch, dass die Forschungsprämie für hierzulande forschende Unternehmen weiter erhöht wird.

Prämie wird evaluiert

Es handelt sich dabei um eine steuerliche Erleichterung, die derzeit bei zwölf Prozent liegt. Die Prämie wird derzeit im Auftrag des Finanzministeriums erstmals seit ihrer Einführung auf ihre Wirkung evaluiert. Ergebnisse liegen noch nicht vor. Über eine allfällige Erhöhung soll erst danach entschieden werden.

Auch Giulio Superti-Furga, wissenschaftlicher Direktor des CeMM, präsentierte einen Katalog an Wünschen: Er forderte die "dezidierte Förderung der Grundlagenforschungsexzellenz mit fairem, peer-reviewed Wettbewerb". Er regte auch an, die Lücke zwischen der medizinisch orientierten Grundlagenforschung und der klinischen Anwendung über einen neu zu gründenden Fonds nach Vorbild des US-amerikanischen National Institute of Health zu schließen. Auch eine Beteilung des Gesundheitsministeriums sei nach Ansicht des Wissenschafters vorstellbar.

Schließlich bot er an, die am CeMM gewonnene Expertise in "Precision Medicine" und "Translational Research" nicht nur an den Campus der Med-Uni Wien – wo das CeMM-Gebäude steht -, sondern auch ans Vienna Biocenter sowie an die Med-Unis Graz und Innsbruck zu transferieren. (pi, 2.12.2016)