Die Produktivität wächst seit der Wirtschaftskrise nur langsam. Eine Ausnahme bilden verarbeitende Gewerbe.

Foto: Rainer Unkel

Wien – Seit der Wirtschaftskrise ist das Produktivitätswachstum in den OECD-Ländern abgeflacht. Während die Produktivität in Österreich vor der Krise um rund 1,8 Prozent pro Jahr anstieg, ist das Wachstum seither auf ein Prozent gesunken. Diese Ergebnisse präsentierte Lars Feld, Wirtschaftsforscher der Universität Freiburg, am Dienstag in der Wirtschaftskammer Österreich.

"Produktivität ist die Voraussetzung für Wirtschaftswachstum", sagt der Ökonom, deshalb sei die Performance auf dem Arbeitsmarkt gesamtwirtschaftlich ein entscheidender Faktor. Das langsame Wachstum würde sich weltweit bemerkbar machen und der Wissenschaft ein Rätsel aufgeben, meint Feld. Ein Grund für das abgeflachte Produktivitätswachstum könnte die übertrieben stark eingeschätzte Rolle des technologischen Fortschritts sein.

Länderspezifische Regulierungen

Wirtschaftspolitische Entscheidungen wie etwa Arbeitsmarktreformen beeinflussten das Produktivitätswachstum. Diese seien von Land zu Land verschieden, sagt Feld. Der Arbeitsmarkt habe sich in Deutschland in den vergangenen Jahren durch die Reformpolitik zwar positiv entwickelt, zahlreiche im Niedriglohnsektor geschaffene Stellen hätten sich dafür negativ auf die Produktivität ausgewirkt. Davon sei vor allem der Dienstleistungssektor stark betroffen. Dieser stehe in Österreich deutlich besser da. Im verarbeitenden Gewerbe habe die Produktivität generell zugenommen.

Ein wichtiger Faktor in der Produktivitätssteigerung seien Investitionen in neue Technologien. Überregulierungen würden in Österreich und Deutschland jedoch Investitionen hemmen, meint Feld. Als Beispiel nennt er Google Street View, das im Großteil der EU-Länder existiert, nicht aber in Deutschland und Österreich. Beide Staaten würden dadurch künftig Probleme haben, um etwa autonomes Fahren zu etablieren.

Um die Produktivität wieder zu steigern, müssten Klein- und Mittelunternehmen vermehrt auf Technologie setzen, sagt der Ökonom. Dass dadurch zahlreiche Arbeitsplätze verloren gingen, hält er für übertrieben. Die alternde Bevölkerung würde sich außerdem ungünstig auf die Produktivität auswirken, da ältere Menschen oft schlechter mit neuer Technik umgehen könnten. Dem müsse durch Bildung gegengesteuert werden.

Bürokratie hemmt Investitionen

In Österreich seien die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht optimal, es würde kaum Anreize für Investitionen gegeben, meint der Politologe Peter Filzmaier. Laut einer von ihm präsentierten Studie bezeichnen die Hälfte der Unternehmer und rund 40 Prozent der Angestellten in der Privatwirtschaft das Klima in Österreich als investitionsfeindlich. Das habe realwirtschaftliche Auswirkungen: Mehr als 50 Prozent der Unternehmer würden Investitionen deshalb aufschieben. Laut Filzmaier zeigt die Studie, dass vor allem die Bürokratie kleinere Unternehmen von Investitionen abschreckt, gefolgt von Steuerbelastungen und Lohnnebenkosten. (lauf, 6.12.2016)