"Mein Medium ist die Ausstellung": Andreas Fogarasi.

Guillermo Mendo

Logos, die eine "lokale Identität designen" wollen, gilt ein Hauptinteresse Andreas Fogarasis.

Artothek des Bundes

Wien – Der mit 11.000 Euro dotierte Preis des Otto-Mauer-Fonds wurde 2016 an Andreas Fogarasi vergeben. Aus diesem Anlass ist ihm aktuell eine Ausstellung im Wiener Jesuitenfoyer gewidmet. Betritt man diese, sieht man eigentlich rund 20 Ausstellungen. Mehr oder weniger.

Das Herzstück der kleinen Preisträgerschau bilden Modelle von Ausstellungsarchitekturen, die der 1977 in Wien geborene Künstler in den letzten 15 Jahren für seine Personalen realisierte. Eine miniaturisierte Version der Wiener Galerie Kargl und des Grazer Kunstvereins sind da unter anderem zu sehen. Aber freilich auch der Ungarn-Pavillon der Biennale in Venedig 2007, der Fogarasi einen Goldenen Löwen einbrachte.

Wegabstrahierte Kunst

Dass die Arbeiten an den Wänden der Raummodelle wegabstrahiert oder allenfalls angedeutet sind, der Fokus ganz auf der Architektur liegt, ist dabei schlüssig. "Mein Medium ist die Ausstellung", sagt Fogarasi.

Ebenso sehr wie auf einzelne Arbeiten – bei ihm vor allem dokumentarische Fotos, Videos, Objekte – kommt es ihm darauf an, "Situationen zu schaffen, Spannungsfelder zwischen den Dingen" entstehen zu lassen. Der Raum soll spürbar bleiben, als etwas, "mit dem man auch in Konflikt geraten kann".

"Geh ich dazwischen noch durch oder nicht?"

"Ich stelle zum Beispiel gern Sachen blöd in den Weg", schmunzelt Fogarasi. Tatsächlich legt er es nämlich keineswegs auf Extreme an – "man muss sich nirgends durchzwängen" –, sondern auf Schwebezustände: "Wenn zwei Marmortafeln 70 Zentimeter voneinander entfernt stehen, dann ist das genau so viel, dass man nicht weiß, geh ich dazwischen noch durch oder nicht."

In die minimalistischen schwarzen Kuben, die Fogarasi in Venedig zeigte, gelangte man mitunter durch eher enge Öffnungen, wollte man die Videos im Inneren sehen. Wenn es nach dem Künstler geht, vergisst der Betrachter "nie, dass er sich selbst auch noch einmal in einem Raum befindet". Videos zeigt Fogarasi daher auch nicht unabhängig von den Räumen, in die er sie einpasste.

Die Funktion von Kunst und Kultur

Wenn der Künstler überdies seine Fotos hinter nicht entspiegeltem Glas zeigt, dann, um das Konterfei des Betrachters nicht von der Bildfläche verschwinden zu lassen. "Meine Arbeiten sollen so sein, dass du nie vor lauter Pracht vergisst, wer und wo du bist" – eine Infragestellung der Autonomie des Einzelwerks, die Bezüge etwa zum US-Künstler Dan Graham (geboren 1942) hat, der Videos mitunter in komplexen Aufbauten aus verspiegelten Wänden zeigt, auf denen Betrachter und Bildinhalte einander überlagern.

Fogarasis Interesse erschöpft sich indes nicht in Strukturreflexionen. Selbige sind mit einem inhaltlichen Interesse insbesondere für die Funktion von Kultur in der Gesellschaft verknüpft. So befassten sich die Videos in Venedig etwa essayhaft mit Budapester Kulturhäusern, reflektierten deren propagandistische Funktion im Kommunismus oder Fragen der Dezentralisierung von Kultur.

Identität aus der Marketingabteilung

Immer wieder ist es dabei das Spektakel, der Effekt, auf den Fogarasi subtil humorvolle Blicke wirft: So stellte er etwa eine ironisch redundante Fotoserie vom Eröffnungsfeuerwerk des Wiener Museumsquartiers aus oder entwarf einen eher trashigen, installativen Nachbau von Hans Holleins spektakulärem Entwurf für ein Salzburger Museum im Mönchsberg – aus billigen weißen Platten und erleuchtet von einer farbigen Glühbirne.

Auf ein weiteres Thema Fogarasis verweist im Jesuitenfoyer eine Arbeit auf Papier, die vordergründig nichts anderes tut, als Tourismuslogos der österreichischen Bundesländer aufzulisten. In Schwarz-Weiß allerdings, damit die Formen in den Blick rücken. Mit derlei Arbeiten will Fogarasi die marketingtechnische Produktion von Identität kritisch reflektieren.

Traurige Logos

"Manche Logos sind ja ganz traurig", sagt der Künstler im Hinblick auf ein ähnliches Markenzeichentableau deutscher Bundesländer: "Sie gaukeln eine heile Welt vor, dabei weiß man: Die Industrien ziehen ab, es gibt Arbeitslose, keine wirkliche Identität."

Fogarasis kleine, feine Seltsamkeiten der Lebenswelt sind dabei solche, "die Design sind, wo jemand etwas zu planen versucht hat, wo ein Wille zur finanziellen Macht dahintersteht". Gleichzeitig sei es nie das Extreme, das ihn anzieht: "Ich versuche nicht den Blick auf eindeutig skurrile Dinge zu lenken, sondern auf solche, die uns eh normal vorkommen, aber beim zweiten oder dritten Blick total sonderbar sind." (Roman Gerold, 7.12.2016)