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Außenminister Kurz will kommende Woche sein Veto beim EU-Rat einlegen.

Foto: Reuters/Sezer

Brüssel/EU-weit – Österreichs Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) will kommende Woche im EU-Außenministerrat einen geplanten Beschluss zur Weiterführung der EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei blockieren. Kurz fordert aufgrund der Menschenrechtssituation in der Türkei ein "Einfrieren" der Beitrittsverhandlungen, wie der Minister am Samstag im APA-Gespräch erklärte.

"Wir sind nicht bereit, dem derzeitigen Entwurf des Beschlusses zuzustimmen, denn aus meiner Sicht enthält der nicht die notwendige Reaktion auf die Entwicklungen in der Türkei", sagte der Außenminister. "Andersdenkende werden eingeschüchtert, Oppositionspolitiker eingesperrt, die Todesstrafe soll eingeführt werden. Es braucht hier eine klare Reaktion der Europäischen Union."

Außenministerrat

Der EU-Außenministerrat tritt Montag und Dienstag in Brüssel zusammen. Am Dienstag steht das Erweiterungspaket 2016 auf der Tagesordnung, das die EU-Kommission im November vorgelegt hat, und der Rat soll unter dem Punkt "Ratsschlussfolgerungen zum Erweiterungs- und Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess" die weitere Vorgangsweise beschließen.

Ein Entwurf für diesen Beschluss sieht vor, dass nicht nur die Gespräche mit den Westbalkanstaaten, sondern auch jene mit der Türkei fortgesetzt werden. Schon die EU-Kommission hatte die Fortsetzung der Verhandlungen empfohlen. Anders das EU-Parlament: dieses hatte erst Ende November ein Einfrieren der Beitrittsgespräche mit der Türkei gefordert.

Einstimmigkeit

Der Beschluss im EU-Außenministerrat muss einstimmig erfolgen. Und hier will Außenminister Kurz am Dienstag ansetzen: "Im Beschlusstext muss zumindest das Einfrieren der Verhandlungen verankert werden. Wir haben letzte Woche auch schon intensiv verhandelt und waren so fair, unseren Partnern mitzuteilen, dass Österreich diesem Beschlusstext so nicht zustimmen wird. Ich hoffe sehr, dass es bis Dienstag noch Veränderungen gibt."

Eng abgestimmt hat sich Kurz in der Frage mit den Niederlanden und Bulgarien. Man ziehe "an einem Strang", berichtete der Außenminister. "Es kann nicht sein, dass die Türkei eine immer negativere Entwicklung bei Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Menschenrechten nimmt, und die EU ihre Beitrittsgespräche einfach fortsetzt und neue Kapitel eröffnet, als ob nichts wäre."

Dass ein Einfrieren der Gespräch Auswirkungen auf den Flüchtlingsdeal zwischen der EU und Türkei haben könnte, dürfe laut Kurz keine Rolle spielen. "Wenn wir der Türkei aufgrund des Flüchtlingsdeals alles durchgehen lassen und bei den Entwicklungen dort wegsehen, begeben wir uns in eine gefährliche Form der Abhängigkeit." Die EU müsse die Türkei genau beobachten und reagieren. "Sonst werden wir in Europa selbst die Leidtragenden sein, wenn sich politisch Verfolgte oder Kurden als Flüchtlinge aus der Türkei auf den Weg nach Europa machen."

Sollte es zu einer Blockade im Außenministerrat kommen, wären davon übrigens auch die Beitrittsgespräche mit den Westbalkanländern betroffen. Informell hat das österreichische Außenministerium laut APA-Informationen deshalb bereits Kontakt zu den Westbalkanstaaten aufgenommen, um dort um Verständnis für die österreichische Vorgangsweise zu werben. Darüber hinaus sind Österreich die Schlussfolgerungen zum Westbalkan zu wenig positiv.

Das Außenministerium betonte dazu, dass Österreich die bilateralen Aktionspläne mit den einzelnen Westbalkanstaaten massiv voran treiben will, mit Bosnien-Herzegowina, Mazedonien, Montenegro und Albanien seien diese bereits unterzeichnet, Serbien und Kosovo sollen demnächst folgen. (APA, 10.12.2016)