Für "Roof Piece on the Highline" (2011/2012) reinszenierte Babette Mangolte Trisha Browns "Roof Piece" unter veränderten Vorzeichen.


Foto: Babette Mangolte

Wien – Farbkräftig, schnell, aber auch seicht ist das Video Strange Magic von Sarah Morris, das die Kunsthalle Wien derzeit als Aufhänger einer Filmreihe zur Künstlerin im Obergeschoß zeigt. Zu diesem Auftragswerk, das anlässlich der Errichtung des Museums Fondation Louis Vuitton in Paris entstand, bildet nun die Personale I=Eye der Künstlerin Babette Mangolte im Erdgeschoß in vielerlei Hinsicht die Antithese.

Das fängt schon beim gedämpften, kühlen Raumlicht an, in dem man sich den Experimentalfilmen und Fotografien Mangoltes nähert. Selbige sind zudem einem tendenziell spröden Thema verpflichtet: der Betrachtung des Betrachtens an sich. Mangolte bearbeitet die Metaebene der Filmsprache, Fragen des Blicks, der Inszenierung. Entgegenkommend wird man ihre Arbeiten nur bedingt nennen können, vielmehr wollen diese in aller Langsamkeit erschlossen werden.

Süffige Dokumente

Aufregend ist die Biografie, die es hier zu entdecken gilt: Das OEuvre der 1941 geborenen Künstlerin, die zunächst an der renommierten Pariser École Nationale de la Photographie et de la Cinématographie studierte, ist eng mit der New Yorker Tanz- und Performanceszene der 1970er-Jahre verbunden. Es war im Dunstkreis von Künstlern wie Robert Whitman, Trisha Brown oder Stuart Sherman, wo Mangolte zunächst Fragen der "Übersetzung" von Performances in Bilder nachging, ihre intellektuell fundierte Ästhetik schärfte.

Diese Schwarzweißfotografien, etwa von Richard Foremans Ontological-Hysteric Theater, gehören dabei in der Kunsthalle zu jenen Arbeiten, die unmittelbar ansprechen können. Abseits potenzieller medientheoretischer Denkanstöße sind diese Reflexe aus einer höchst lebendigen Szene schon als bloße Dokumente süffig anzuschauen.

Eine neue, weibliche Filmsprache

In New York begegnete Mangolte auch der belgischen Regisseurin Chantal Akerman, als deren Kamerafrau sie 1975 beim Film Jeanne Dielman, 23, Quai du Commerce, 1080 Bruxelles fungierte. Verbunden sahen sich die Europäerinnen im Versuch, eine neue "Sprache" zu entwickeln, die der weiblichen Perspektive gerecht würde. Und es ist nicht zuletzt dieser feministische Ansatz, der dann auch Mangoltes eigene Filme prägte, die immer wieder um Fragen des subjektiven Kamerablicks kreisen – etwa in The Camera: Je or La Camera: I, wo der Fokus auf das Machtverhältnis zwischen Regie und Darstellern rückt. Immer wieder traten dabei Protagonisten der New Yorker Szene auf, wurden deren Performances inszeniert oder reflektiert.

Insgesamt zwölf Filme aus allen Schaffensperioden Mangoltes sind in der Kunsthalle zu erleben. Die Präsentationsform ist allerdings schwierig: Die Filme – zwischendurch auch bloße Audioarbeiten – laufen nicht gleichzeitig, sondern in einer von der Künstlerin genau bestimmten Abfolge nacheinander, auf vier verschiedenen Leinwänden.

Die Idee ist, die Bewegung des Besuchers durch den Raum, sein Streifen zwischen Installationen, Fotos, Texten und diesen Videos selbst zum Teil des Kunstwerks, zur Choreografie zu erklären. Das ist alles schön und gut, allein: Der gesamte "Loop" dauert – recht selbstbewusst – rund sieben Stunden, einen Zeitplan kriegt man nicht. Man tut also zumindest gut daran, nicht gerade einen bestimmten Film sehen zu wollen. (Roman Gerold, 22.12.2016)