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Für viele Menschen ist Foie gras eine Delikatesse, die gerne über die Feiertage genossen wird. Für Tierschützer ist das Gänsestopfen eine Tierquälerei, die durch die grassierende Vogelgrippe zumindest vorerst einmal beendet wird.

Foto: Reuters/Duvignau

Derzeit wechselt Pierre Dufour, wie er selbst sagt, zehnmal die Gummistiefel, wenn er seinen eigenen Bauernhof abschreiten will. Und der ist nicht einmal sehr groß: Etwa einen Hektar umfasst das Gut in Saint-Cirq-Lapopie in Südwestfrankreich, auf dem Dufour rund 800 Gänse hält. Doch wenn er von der Bruthalle zum Gänsestopfen und von dort zur Verarbeitung geht, muss er wie all seine Berufskollegen die rigorosen Sicherheitsmaßnahmen befolgen, die Frankreich Anfang Dezember ergriffen hat. Damit versuchen die Behörden die Ausbreitung des neuesten Vogelgrippevirus H5N8 zu verhindern.

Für Menschen ungefährlich

Die wahrscheinlich von Zugvögeln in Teilen Europas verbreitete Geflügelpest ist für den Menschen ungefährlich, aber für Enten hochansteckend bis tödlich. Und die Enten sind nun einmal die Lebensgrundlage von Pierre Dufour. Noch schnattert und gackert es auf seinem Hof oder zumindest in den Hallen, wo Stallpflicht herrscht. Andernorts ist bereits Stille eingekehrt, Friedhofsstille. Wie 2015, als die Vogelgrippe bereits zugeschlagen hatte und 140.000 Gänse getötet werden mussten. Die allermeisten nicht wegen erfolgter Ansteckung, sondern zur bloßen Vorbeugung. Trotzdem haben wichtige asiatische Absatzmärkte wie Japan Einfuhrverbote erlassen. Das schlägt sehr rasch und sehr einschneidend bis zu Kleinzüchtern wie Dufour durch.

Gefährdet ist die ganze französische Foie-gras-Branche mit ihren 3000 Höfen und 200 verarbeitenden Betrieben allein im Südwesten des Landes. Große Marken wie Montfort, Rougié oder Delpeyrat haben binnen Jahresfrist Verluste im zweistelligen Millionenbereich erlitten; sie mussten teilweise Kurzarbeit einführen oder Teile der Produktion in osteuropäische Länder wie Bulgarien verlegen. Dabei sind in Frankreich 100.000 Beschäftigte im Geschäft mit der Gänseleber tätig. Zwei Milliarden Euro setzen sie jedes Jahr um, die Hälfte davon in der Festtagszeit zum Jahresende.

Und jetzt, kurz vor Weihnachten, beginnt alles von Neuem. Nach der Krise von 2015 hatten die Gänsebauern gerade erst die Produktion aufgenommen, als die neuesten Hiobsbotschaften die Runde machten. Gefolgt von den Gesundheitsbeamten in ihren weißen Schutzanzügen. Dutzende von Betrieben haben sie in den letzten Wochen geschlossen oder unter Quarantäne gestellt.

Tier- und Enteneiertransporte verboten

In Lussagnet, einem Ort im Departement Landes an der Atlantikküste, brachten sie auf bloßen H5N8-Verdacht hin sämtliche 900 Gänse eines Gutes in den Schlachthof. Eine reine Präventivmaßnahme, die viel aussagt über die Angst. Im Umkreis von zehn Kilometern sind Tier- und Enteneiertransporte ab sofort verboten. Wie bei Dufour haben die Enten überall Stallpflicht.

Damit sollen nicht nur Ansteckung, sondern auch Panikmeldungen vermieden werden. Immer wieder lassen sie verlauten, dass Gänseleber völlig "sicher" sei. Für den Menschen ist das Virus ungefährlich. Wegen der Notschlachtungen verknappt sich aber das Angebot. In Rungis sind die Preise für Gänseleberdelikatessen um 20 Prozent gestiegen.

Tierschützer mögen sich insgeheim freuen, dass die heftig kritisierte Stopfleberproduktion ohne ihr Zutun dezimiert wird. Vereine wie Stop Gavage (Halt dem Gänsestopfen) oder stop-foie-gras, die sonst Schockfilme über das "brutale" Zwangsfüttern der Enten vertreiben, schweigen aus Rücksicht auf die von der Arbeitslosigkeit bedrohten Kleinzüchter. Biobauern oder die Bauerngewerkschaft Confédération Paysanne meinen, nicht alle Foie-gras-Betriebe in Südwestfrankreich betrieben Tierquälerei. Schuld an der Ausbreitung der Epidemie seien industrielle Foie-gras-Massenbetriebe, die das Federvieh zwischen den Brutstätten, den Stopforten und Schlachthöfen hin und her transportieren. (Stefan Brändle aus Paris, 25.12.2016)