Kinder und Jugendliche wurden im einstigen städtischen Kinderheim am Wilhelminenberg über Jahrzehnte auch sexuell missbraucht. Die Einrichtung wurde 1977 geschlossen.

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Wien – Im einstigen städtischen Kinderheim auf dem Wiener Wilhelminenberg wurden über Jahrzehnte Kinder und Jugendliche sexuell missbraucht. Dazu kamen Fälle systematischer physischer und psychischer Gewalt. Zu dieser Erkenntnis gelangte eine Kommission unter der Leitung von Richterin Barbara Helige, die 2013 ihren Abschlussbericht vorlegte.

Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelte daraufhin gegen mehr als zehn Personen wegen Missbrauchsverdachts. Diese Ermittlungen wurden aber eingestellt, die Staatsanwaltschaft bestätigte am Dienstag einen Bericht des ORF Wien.

Anstalt 1977 geschlossen

Die Vorwürfe bezogen sich auf Fälle der Vergewaltigung, schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen und des Quälens oder Vernachlässigens unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen vor allem in den 1950er- und 1960er-Jahren. Das Heim wurde nach aufkommender Kritik an den Zuständen in der Anstalt 1977 geschlossen.

Als Gründe für die Einstellung der Ermittlungen Ende September 2016 nannte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Verjährung oder Mangel an Beweisen. Zudem hätten Personen nicht ausgeforscht werden können. Andere Beschuldigte seien hingegen bereits verstorben.

Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft müsse man "zur Kenntnis nehmen", sagte Barbara Helige, die Leiterin der Wilhelminenberg-Kommission dem STANDARD. Die Kommission habe alle Vorarbeiten erledigt. "Die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung wurde aber auch von uns als nicht sehr hoch eingeschätzt." Helige nannte als Schwierigkeit, dass die Vorwürfe so lange zurückliegen würden. Dass Tatbestände im Kinderheim verwirklicht wurden, sei aber erwiesen, sagte Helige. Mit möglichen weiteren Ermittlungen in der Causa Wilhelminenberg rechnet Helige nicht mehr.

41,5 Millionen Euro an Zahlungen für Opfer

Die Stadt Wien hat seit 2010 insgesamt 41,5 Millionen Euro an ehemalige Heimkinder, die Opfer von Missbrauch wurden, ausgezahlt. Dazu kamen Übernahmen für Psychotherapieleistungen. Die Anmeldefrist für Betroffene ist Ende März 2016 ausgelaufen. Seither gibt es keine Zahlungen für Neuanmeldungen mehr. (krud, 27.12.2016)