W. Bernard Carlson, "Tesla. Der Erfinder des elektrischen Zeitalters". € 27,80 / 678 Seiten. Finanzbuchverlag, München, 2016

Nicola Tesla lebte Ende des 19. Jahrhunderts in New York und war damals eine echte Berühmtheit. "Jeder Wissenschafter und selbst jeder Trottel kennt seine Arbeit ... In der New Yorker Society ist er bekannt wie ein bunter Hund", hieß es. Und so wurde auch ein Journalist auf ihn aufmerksam: Arthur Brisbane von der Zeitung New York World. Das war einer jener Reporter, die über Streiks genauso berichtete wie über Hinrichtungen, über Päpste genauso wie über Preisboxer. Brisbane schrieb, dass Tesla wohl der "größte und dünnste und mit Sicherheit der ernsthafteste Mann (ist), der regelmäßig ins Delmonico's geht". Gemeint war ein Restaurant.

Brisbane schrieb aber auch, dass Tesla, dieser fanatische Verfechter des Wechselstroms, ein Untalent bei der Beschreibung seiner Arbeiten war: "Nicht ein einziges Wort von dem, was er erzählt, kann man verstehen." Das klingt ernüchtert. Eine interessante Begegnung muss das trotzdem gewesen sein. Jedenfalls beginnt so ein Buch über Tesla, das bereits 2013 bei Princeton University Press erschien und nun endlich auch in der deutschen Fassung vorliegt.

Astor und Morgan unterstützen ihn

Das Buch beschreibt ein getriebenes Genie, das stets seinen eigenen Kopf durchsetzen wollte. Der Vater, ein orthodoxer Priester, biss mit dem Wunsch, der Sohn möge auch diesen Beruf wählen, genauso auf Granit, wie diverse Mäzene, die Tesla, seine verrückten Erfinderideen und sein ausschweifendes, von einem chaotischen, gedankenlosen Umgang mit Finanzen geprägtes Leben in etwas geordnetere Bahnen führen wollten. Ob sie nun John Jacob Astor IV oder J.P. Morgan hießen: Er konnte sie alle für sich und seine Ideen begeistern und brüskierte sie auch irgendwann einmal. Letzterer finanzierte ihm den Wardenclyffe Tower, der ein Hochleistungs-Funksender werden sollte. Tesla aber wollte damit die weltweite drahtlose Energieübertragung erreichen.

All diese Geschichten, diese Pläne, Enttäuschungen und Rückschläge schildert Autor W. Bernard Carlson mit unnachahmlicher Präzision. Es gibt viele Bücher über den Erfinder, der 112 Patente angemeldet hatte, vielleicht sind sie alle nicht annähernd so gelungen, weshalb das Fachmagazin Science wohl genau das Buch als den Goldstandard aller Tesla-Biografien bezeichnete. Es beschreibt detailreich die Psyche des Genies, dem viel gelang, nur nicht, mit seinen Erfindungen nachhaltigen Erfolg zu haben. Carlson hat, was man an 678 Buchseiten merkt, eine intensive Quellenrecherche betrieben, die auch manche Neuigkeiten zu Tesla offenbart.

Er hat aber Details aus dem Privatleben ausgelassen. So bleibt vieles, was den Ingenieur und Erfinder antrieb, eigentlich im Verborgenen. Das kritisierte zuletzt auch der Wissenschaftsjournalist Brian Clegg, der das vorliegende Werk mit früheren Biografien wie Tesla: Man out of Time und Wizard: The Life and the Times of Nicola Tesla verglich. Und trotz aller Kritik am fehlenden Privatleben in Tesla das vorliegende Buch als das bisher beste seiner Art bezeichnete. (Peter Illetschko, 2.1.2017)