Einer der Gelbwangenkakadus von Hongkong.

Foto: Peter und Michelle Wong

Hongkong – Darin liegt eine gewisse Ironie: Durch die Schuld des Menschen rückt der in Südostasien beheimatete Gelbwangenkakadu (Cacatua sulphurea) immer näher an den Rand des Aussterbens. Einen Teilersatz für seinen alten Lebensraum findet der Vogel nun ausgerechnet dort, wo die Dichte der menschlichen Population am höchsten ist: in der Großstadt.

Gelbwangenkakadus werden gut 30 Zentimeter lang, sind weiß gefärbt und tragen eine leuchtend gelbe Federkrone. Sie sind reine Pfalnzenfresser und leben bevorzugt an Waldrändern. Durch die Ausbreitung von Kulturflächen ist ihr natürlicher Lebensraum ständig am Schrumpfen. Noch stärker ins Gewicht fällt aber, dass die Tiere in der Vergangenheit massenweise eingefangen wurden, um sie als Ziervögel zu halten. Mittlerweile gilt die Spezies als vom Aussterben bedroht.

Zehn Prozent aller Gelbwangenkakadus weltweit sind Großstädter

Während die Populationen des Gelbwangenkakadus in seiner natürlichen Heimat, den Sundainseln, schwinden, wächst ein gutes Stück davon entfernt eine, die auf künstliche Weise entstanden ist: In Hongkong hat sich aus entflogenen und ausgesetzten Kakadus eine stabile Population entwickelt. Im Stadtteil Hong Kong Island leben immerhin schon etwa 200 Gelbwangenkakadus. Das klingt vielleicht nicht nach viel, ist aber immerhin ein Zehntel der weltweiten Gesamtbestands.

Ein Team australischer und hongkongchinesischer Forscher listet in der jüngsten Ausgabe von "Frontiers in Ecology and the Environment" neben dem Gelbwangenkakadu noch 48 weitere Fälle von stark gefährdeten Tierarten auf, die in Großstädten eine neue Heimat fanden: Das Phänomen tritt auf allen Kontinenten auf und betrifft Vögel und Säugetiere ebenso wie Reptilien und Amphibien. Angesichts der Gesamtzahl bedrohter Spezies sind die wenigen Fälle von geglückter Landflucht aber dennoch nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. (jdo, 6. 1. 2017)