Das EU-Teilverbot für mehrere Neonicotinoide greife zu kurz, sagt Greenpeace.

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Wien – Pestizide aus der Gruppe der Neonicotinoide bedrohen nicht nur Bienen, sondern auch andere Lebewesen ernsthaft: Das geht aus einer aktuell von der Umweltschutzorganisation Greenpeace veröffentlichten Überblicksstudie hervor. Wissenschafter der University of Sussex hatten dafür die Ergebnisse Hunderter wissenschaftlicher Untersuchungen seit 2013 analysiert.

Laut den Studienautoren sind Neonicotinoide in der Umwelt allgegenwärtig und kontaminieren Gewässer, Böden und Vegetation. Sogar Vögel könnten demnach unter den Auswirkungen leiden. Die drei untersuchten Stoffe Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam unterliegen seit 2013 zwar einem EU-weiten Teilverbot, die negativen Auswirkungen seien aber nach wie vor erheblich, so Greenpace. Die Organisation forderte daher ein Totalverbot der aus ihrer Sicht gefährlichen Pestizide, für das sich Umwelt- und Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter (ÖVP) auf europäischer Ebene einsetzen sollte.

Fehlende Bestäuber

Die Autoren der Studie sehen auch einen Zusammenhang zwischen dem Einsatz dieser Wirkstoffe und der Tatsache, dass viele Schmetterlinge, Vögel und Wasserinsekten immer seltener werden. "Der Einsatz von Neonicotinoiden gefährdet daher viele Tiere und eine intakte Umwelt mehr als bisher angenommen", sagte Sebastian Theissing-Matei von Greenpeace Österreich.

Neonicotinoide sind eine Gruppe hochwirksamer Pestizide, die schädliche Insekten töten sollen, aber auch schon länger in Verdacht stehen, Bienen, Hummeln und andere bestäubende Insekten zu schädigen. Diese spielen aber auch für die Landwirtschaft und die Nahrungsmittelproduktion eine entscheidende Rolle. Allein in Europa sind über 4.000 Gemüsesorten von diesen Bestäubungsleistungen abhängig, argumentierte die Umweltschutzorganisation.

Industrievertreter: "Tendenziöse Zusammenfassung"

Seit 2013 erhobene wissenschaftliche Daten würden außerdem belegen, dass Neonicotinoide inzwischen längst nicht nur auf Ackerflächen zu finden sind: "Diese Pestizide werden regelmäßig in Gewässern, Böden oder Wildblumen nachgewiesen. Wir dürfen das Risiko für Bienen, Hummeln, Schmetterlinge und Co. nicht weiter akzeptieren", so Theissing-Matei.

Reaktionen aus der Industrie ließen nicht lange auf sich warten: "Die Studie umfasst keinesfalls die wissenschaftliche Datenlage seit 2013, sondern ist eine einseitige, tendenziöse und schwammige Zusammenfassung", kritisierte Christian Stockmar, Obmann der Industriegruppe Pflanzenschutz (IGP). Er warf dem Studienautor Dave Goulson vor, ein "NGO-Vertragswissenschafter" zu sein. (APA, red, 12.1.2017)