Aus 30 Metern Höhe lässt sich mithilfe erstaunlich detaillierter Drohnen-Aufnahmen der Zustand eines Riffes gut beurteilen

Foto: Elisa Casella, Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung

Bremen – Während Drohnen als Freizeispaß und bei professionellen Film und Fotoaufnahmen immer größere Verbreitung finden, sind sie in der Forschung noch verhältnismäßig unterrepräsentiert. Was die umbenannten Flugobjekte auch in der Wissenschaft zu leisten vermögen, hat nun ein internationales Team unter der Leitung von Elisa Casella vom Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) unter Beweis gestellt: Die Forscher entwickelten eine Methode, mit der sich mit Drohnentechnik der Zustand von Korallenriffen untersuchen lässt.

Zur Untersuchung von Meeresökosystemen von oben wurden bisher hauptsächlich Satellitenaufnahmen genutzt. Drohnen kamen dagegen kaum zum Einsatz, dabei bietet der Überblick aus der Vogelperspektive große Vorteile: so lässt sich ein Korallenriff mit seinen strukturellen Eigenschaften breitflächig erfassen, wo sonst Taucher in tagelanger Mühsal Daten unter Wasser aufnehmen müssten.

In Moorea, einer Insel im Südpazifik, die zu Französisch-Polynesien gehört, testeten die Forscher des ZMT in Kooperation mit Kollegen des Centre de Recherches Insulaires et Observatoire de l’Environnement ihre Methode in einem Flachwasserriff. Dabei steuerten sie einen Quadrokopter, ausgestattet mit einer kleinen Kamera, von einem Boot aus in Richtung des Riffes. In einer Höhe von 30 Metern überflog die Drohne das Ökosystem, alle zwei Sekunden schoss die Kamera dabei Bilder aus verschiedenen Blickwinkeln. Am Ende lagen 300 Aufnahmen vor. Auf Basis dieser Daten gelang den Forschern über eine spezielle Software die 3-D-Rekonstruktion des Korallenriffes.

Detailgenaue Luftaufnahmen

"Die Detailgenauigkeit der Bilder ist erstaunlich", berichtet Casella, "wir können sogar verschiedene Korallentypen unterscheiden. Satellitenbilder hingegen haben eine viel geringere Auflösung." Auch die typischen Probleme wie starke Lichtreflektion und optische Verzerrungen, die beim Übergang von Wasser zu Luft auftreten, konnten sie in den Griff bekommen. "Wir sind an windstillen Tagen ins Riff gefahren und haben die Aufnahmen bei niedrigem Sonnenstand gemacht", so Casella.

"Das ist eine sehr elegante und zeitsparende Methode, um einen Eindruck über Zustand und Struktur eines Korallenriffes zu erhalten", erklärt Sebastian Ferse, Riffökologe am ZMT und Co-Autor der Studie. "Besitzt ein Riff eine sehr komplexe Struktur, so bietet es viele verschiedene Lebensnischen für seine Bewohner, die Biomasse ist dort somit entsprechend hoch." Das ferngesteuerte Auge liefert auch Informationen darüber, wie stark ein Riff etwa durch Korallenbleiche oder Dynamitfischerei beschädigt ist.

Auf der Suche nach dem "tipping point"

Ferse plant, zukünftig auch Drohnen für seine Riffforschung in Indonesien einzusetzen. Dafür sollen zusätzlich in bestimmten Bereichen des Riffes Videokameras die Artenvielfalt und das Verhalten der Rifffische aufzeichnen. Er will herausfinden, wo der sogenannte "tipping point" ist – wann ist eine Riffstruktur so geschädigt, dass die Biodiversität deutlich abnimmt. Für das Riffmanagement oder die Einrichtung von Schutzgebieten sind das essentielle Informationen.

Auch Casella hat weiterführende Pläne: gemeinsam mit den Mangrovenökologen des ZMT soll auf Fidji der Einsatz von Drohnen für die multispektrale Kartierung von Mangroven getestet werden. Ziel ist es herauszufinden, inwieweit Bilddaten von Drohnen sich besser für das Umweltmanagement eignen als solche von Satelliten. (red, 15.1.2017)