Wien – Wenn jemand nicht an Gott glaubt, dann bleiben nur abstraktere Instanzen: Liebe, Zeit und Tod. Das sind die Adressaten von drei Briefen, die der brillante Werber Howard (Will Smith) nach dem Verlust seiner Tochter einfach so ins Tiefschwarze hinein schreibt. Mit einer Antwort rechnet er nicht, seine Briefe hatten ja den Charakter einer Abrechnung.

Return to sender: Helen Mirren hilft Will Smith aus der Lebenskrise.
Foto: Warner

An die Liebe mag er nicht mehr glauben, die Zeit hat keinen Wert mehr, der Tod hat längst auch Howards Leben im Griff. Dieser verweigert sich hartnäckig der Trauerarbeit. Stattdessen baut er unglaublich lange Dominoreihen, ein Bild der Vergänglichkeit, wie man es kaum besser – allerdings auch kaum abstrakter – finden könnte. Ist so eine Reihe erst einmal angestupst, kann niemand mehr eingreifen. So nährt die Metapher Howards Verstockung. Sie muss aufgelöst werden.

In dem Film Verborgene Schönheit (Collateral Beauty) geht es ebendarum: einen Verlorenen wieder ins Leben zurückzuführen. Es gibt auch konkrete praktische Gründe: Seine Kollegen brauchen sein Einverständnis für eine geschäftliche Entscheidung. Vor allem Whit (Edward Norton) macht sich zum Sprecher der Partner. Er ist mit Howard eigentlich bestens befreundet, aber das hat sich geändert, seit dieser mit der Liebe, der Zeit und dem Tod, also mit dem ganzen menschlichen Leben, auf Kriegsfuß steht. Whit und Claire (Kate Winslet) lassen sich also etwas einfallen.

Edle Auftritte

Liebe, Zeit und Tod werden lebendig, sie werden von Schauspielern verkörpert, die Howard wie Geister erscheinen sollen. Whit findet sie in einem Theater, das dringend einen Sponsor sucht. Der Film bekommt auf diese Weise Gelegenheit, seinen Stars noch ein paar gute Schauspieler in tragenden Nebenrollen hinzuzufügen: Helen Mirren und Keira Knightley veredeln das Prinzip Gastauftritt, das hier eine besondere Dimension bekommt. Therapie durch Intervention, Lüge im Dienst der Heilung: All das spielt in David Frankels Drama eine Rolle, und Howard ist beileibe nicht der Einzige, der etwas mit sich zu klären hat.

Warner Bros. Pictures

So wird das Prinzip der Collateral Beauty (wörtlich: "beiläufige Schönheit") zu einem Schlüssel für die Geheimnisse des Lebens, die sich von negativen Erfahrungen her besonders intensiv erschließen lassen. Will Smith zeigt, wie schon in Seven Pounds, dass er dem Kitsch nicht abhold ist. Collateral Beauty sucht nicht die Seitenwege zu den großen Themen, sondern den direkten Kontakt. So schließen sich am Ende alle Kreise. Liebe, Zeit und Tod können nicht persönlich zurückschreiben, es sei denn, wir übernehmen selbst das Ghostwriting.

Wer gern zwei Stunden einen mächtigen Kloß im Hals haben mag, ist mit diesem Film bestens bedient. Wer aber denkt, dass man sich bei den großen, tiefen, schweren Gefühlen nicht nur durch doch stark konfektionierte Konstruktionen wie diese vertreten lassen sollte, wird verborgene Schönheit besser auf eigenen Wegen suchen. (Bert Rebhandl, 18.1.2017)