Für Präsident Tayyip Edorgan wird der Traum von der absoluten Macht in der Türkei immer greifbarer.

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Wann genau Recep Tayyip Erdogan beschlossen hat, nicht nur Präsident seines Landes zu werden, sondern auch ganz allein zu regieren, darüber wird in der Türkei nur gemutmaßt. Ganz zu Beginn jedenfalls, nach dem Erdrutschsieg der damals neuen konservativ-islamischen Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) bei Wahlen im Jahr 2002, sagen langjährige Beobachter und ehemalige Parteifreunde, hatte Erdogan wohl keinen solchen Plan.

Der Verfall der Demokratie

Doch mit den Jahren im Amt des Premiers und den Wahlsiegen in Serie wuchs die Hybris des Mannes aus kleinen Verhältnissen – und verfiel die Demokratie in der Türkei.

An diesem Wochenende sollte Erdogan seinem Traum von der absoluten Macht einen großen Schritt näher gekommen sein: Das Parlament in Ankara stand in der Nacht auf Samstag vor der Gesamtabstimmung der Verfassungsänderungen. Dass die erforderliche Dreifünftelmehrheit von AKP und den Ultranationalisten der MHP hält, daran gab es keinen Zweifel mehr.

Sagt auch das Volk in einem Referendum im Frühjahr Ja zur Erdogan-Verfassung, dann wechselt die Türkei von einer parlamentarischen Demokratie zu einem Präsidialsystem, in dem der Präsident – anders als in den Vereinigten Staaten oder in Frankreich – kaum kontrolliert wird.

Zehntausende verhaftet

Dabei hat die Gesellschaft in der Türkei jetzt schon einen Vorgeschmack dieser Ein-Mann-Herrschaft. Seit Juli des vergangenen Jahres regiert Erdogan per Dekret mit den Vollmachten des Ausnahmezustands: Zehntausende Türkinnen und Türken sind seither in Haft, darunter ein Dutzend Parlamentarier der Opposition und mehr als 140 Journalisten. (Markus Bernath aus Athen, 21.1.2017)