Alles supersauber: Dirty Campaigning sei für sie tabu, geloben die Parteimanager von SPÖ und ÖVP treuherzig – um einander im selben Atemzug vorzuwerfen, in der Vergangenheit der jeweiligen Konkurrenten nach Schmutzkübeltauglichem zu graben.

Scheinheiliger geht's kaum. Natürlich durchleuchten Parteien vor Wahlkämpfen die Biografien der Gegner – und das ist auch gar nicht verwerflich. Schließlich kann das Stochern nach wunden Punkten, wie es übrigens auch Journalisten praktizieren, Informationen zutage fördern, an denen die Wählerschaft berechtigtes Interesse hat.

Es wäre legitim, hätte die ÖVP tatsächlich – wie von der SPÖ unterstellt – die Diplomarbeit von Kanzler Christian Kern überprüfen lassen: Ob ein Uni-Abschluss erschlichen oder redlich erworben ist, sagt einiges über die Skrupel eines Menschen aus. Ebenso wenig ist es ein Skandal, sollte die SPÖ im Vorleben von Sebastian Kurz herumgestierlt haben – sonst müsste man auch für unzulässig halten, dass Heinz-Christian Straches Jugendkontakte zu rechtsextremen Kreisen aufgedeckt wurden. Die politische Sozialisation – und der spätere Umgang damit – spielen bei der Bewertung eines Wahlkandidaten zu Recht eine Rolle.

Irrelevant sind hingegen die b'soffene G'schicht in der Disco und andere Jugendsünden ohne politischen Konnex. Maßstab für die Kampagnenkultur ist, welche Infos die Parteien wie verwerten. Schnüffeln allein ist nicht schäbig. (Gerald John, 23.1.2017)