Der deutsche Filmregisseur und -sammler Werner Nekes.

Foto: Heribert Corn

Wien – Die Geschichte der modernen Kunst besteht aus Remakes und Überarbeitungen. So ist Ulysses von James Joyce eine Art Remake der klassischen Odyssee, und von Ulysses gibt es wiederum eine Avantgardefilmbearbeitung, die schon mit ihrem kalauernden Titel den Geist verrät, aus dem sie entstand: Uliisses von Werner Nekes ist zugleich Würdigung von Verhohnepipelung eines großen Stoffes.

Kürzlich wurde der Film in einer digital restaurierten Version präsentiert, er gehört nun ganz offiziell zum deutschen Filmerbe, in all seiner irrlichternden Pracht und medienhistorischen Labyrinthik. Für Werner Nekes, den lebenslangen Sammler und Zauberlehrling des Kinos, muss dies eine späte Genugtuung gewesen sein. Er war zuletzt doch ein wenig in Vergessenheit geraten.

Aus Johnny Flash (1986), einem mit einfachsten Mitteln und spontanem Schalk hergestellten Musikfilm, ist vor allem der Hauptdarsteller heute ein Star: Helge Schneider. Auch Christoph Schlingensief hatte einen Auftritt. Es handelt sich also um einen an Bedeutung kaum zu überbietenden Kreuzungspunkt in der deutschen Nachkriegskunstgeschichte. Geografisch liegt der Punkt in Mülheim an der Ruhr.

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Werner Nekes kam 1944 in Erfurt zur Welt, wuchs dann aber im Ruhrgebiet auf und kehrte später auch wieder in die Gegend zurück, nachdem er in Hamburg seine Karriere als Experimentalfilmer begonnen hatte. Gemeinsam mit der Künstlerin Dore O. und Kollegen wie Klaus Wyborny oder Heinz Emigholz war er prägendes Mitglied der Filmmacher-Cooperative Hamburg. Werktitel wie Zipzibbelip oder Muhkuh (beide 1968) verraten einen spielerischen, laut- wie bildmalerischen Ansatz.

Für Nekes war die Praxis des Filmemachens an die Geschichte des Mediums gebunden. Er sammelte Geräte (von Faltdioramen bis Wundertrommeln) und Dokumente über die Vorgeschichte des Kinos und widmete sich auch didaktisch dem, was "zwischen den Bildern" geschieht – 1985 entstand dazu ein bedeutender Dokumentarfilm.

Zwischen "Kine-Theorie" und "Lichteratur" machte Nekes analoge, selbstreflexive Medienkunst auf höchstem Niveau und mit beträchtlichem Witz. Vergangenen Sonntag ist Werner Nekes 72-jährig in Mülheim gestorben. Er hinterlässt einen Schatz, den die zuständigen Politiker unter dem Stichwort Medienpädagogik führen, der aber so viel mehr enthält: ein Archiv der Verbindungen zwischen Auge und Welt. (Bert Rebhandl, 24.1.2017)