Jürgen Czernohorszky kann sich über den Vertrauensvorschuss und die Stimmen der Neos und der ÖVP im Gemeinderat freuen. Sandra Frauenberger will die Opposition ihr Misstrauen aussprechen.

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Wien – Mit der Sitzung des Gemeinderats am Donnerstag soll die Regierungsumbildung der Wiener SPÖ vorerst abgeschlossen werden. Die scheidende Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely hat dort ihren letzten Auftritt in der Politik, im April wechselt sie in eine Führungsposition bei Siemens nach Deutschland. Ihre Agenden wird Sandra Frauenberger, bis dato Integrations- und Bildungsstadträtin, übernehmen. Jürgen Czernohorszky, seit Dezember 2015 Stadtschulratspräsident, übernimmt wiederum Frauenbergers Ressort.

Vor der Sitzung zeigt sich die Opposition enttäuscht von der Umstrukturierung. "Mut hat Michael Häupl mit seiner Personalrochade in der Stadtregierung nicht bewiesen", kritisiert Neos-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger den Bürgermeister. Ein "Neustart" sehe anders aus. Es hätte neue Gesichter in der Politik gebraucht – etwa eine "junge Bürgermeisterin".

FPÖ verweigert

Kritik kommt auch von der ÖVP. Es sei "noch schlechter" geworden, sagt der Chef der Landespartei, Gernot Blümel. Häupl habe "das Heft nicht mehr in der Hand" und solle sich ein Beispiel an Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) nehmen, der in der vergangenen Woche seinen Rückzug aus der Politik bekanntgegeben hat.

Häupl habe die Kontrolle über sein "kreuzschwaches" Team verloren, meinen die Freiheitlichen. "Rot-Grün hat auf allen Linien versagt und soll den Weg für rasche Neuwahlen in Wien freimachen", sagt der nichtamtsführende Vizebürgermeister Johann Gudenus. Die FPÖ kündigt auf Anfrage des STANDARD an, beiden Kandidaten die Zustimmung zu verweigern. Frauenberger habe in ihrem Ressort "gewaltige" Fehler zu verantworten, etwa den Fördergeldmissbrauch bei privaten Kindergärten. Czernohorszky sei ein "unerfahrener Jungsozialist". Die FPÖ will daher in der Sitzung einen Neuwahlantrag einbringen.

So weit wollen die anderen Oppositionsparteien nicht gehen. Sowohl Neos als auch ÖVP wollen Czernohorszky einen "Vertrauensvorschuss" und damit ihre Stimme geben. Dass Czernohorszky als Vertreter der Gesamtschule gilt, gefällt Blümel aber gar nicht. Für die ÖVP ist die Gretchenfrage des neuen Bildungsstadtrats jene nach dem Verbleib des Gymnasiums. Die Schwarzen wünschen sich ein klares Bekenntnis zum Ausbau dieser Schulform.

Neos wollen Cooling-off-Zeit

Ihr "Misstrauen" sprechen die Parteien hingegen Frauenberger aus. Sie habe nicht wegen der Expertise gewechselt, sondern wegen "innerparteilicher Machtspiele", vermutet Meinl-Reisinger. Sie legte daher einen Forderungskatalog zur Gesundheitspolitik vor.

Unter anderem wollen die Pinken die Umsetzung des Spitalskonzepts 2030 stoppen. Dieses sei "nicht fit für die Zukunft", der Aufbau zentraler Notaufnahmen steht auch auf der Neos-Liste. Vorerst fordern sie Aufklärung über Wehselys Verhandlungen mit Siemens. Passend dazu stellen sie einen Antrag auf eine "Cooling-off-Phase" für Politiker. Regierungsmitglieder sollen sechs Monate warten müssen, bevor sie in ein Unternehmen wechseln, mit dem ihr Ressort Geschäftsbeziehungen unterhält. (Oona Kroisleitner, 25.1.2017)