Ein Bad in der Menge durfte für VdB nicht fehlen, obwohl ein Festakt den nächsten jagte.

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Als Oberbefehlshaber des Bundesheeres schritt der ehemalige Chef der Grünen die Reihen ab und ließ das Militär hochleben.

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Wien – Trotz Temperaturen rund um den Gefrierpunkt hat sich im Wiener Volksgarten eine ansehnliche Menge versammelt. Denn obwohl die Sicherheitslage hierzulande als angespannt gilt, hat es sich Alexander Van der Bellen nicht nehmen lassen, als frisch angelobter Bundespräsident durch den Park, vorbei an den Bürgern, zu seinem Amtsantritt in der Hofburg zu spazieren. Immer noch liegt an dem Jännervormittag ein Hauch Wahlkampf in der Luft. Ein Bursch verteilt Sticker mit der Aufschrift "VdB mehr denn je!", die freudige Abnehmer finden. Andere Wartende haben sich wegen der Kälte graue Mützen tief in die Stirn gezogen, die alle denselben Schriftzug tragen, der lautet: "VdB wählen!"

Der Grüne Peter Pilz, der sich heute ausnahmsweise auch keineswegs an die Rasenordnung – "Nicht betreten!" – hält, schaut zufrieden in die Runde und scherzt: "Lauter Gutmenschen hier – und die Blasmusik, die Polizei. Bald haben wir alle auf unserer Seite!"

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Schon marschiert die Kapelle aus dem Kaunertal, der Heimatgemeinde Van der Bellens, in den Volksgarten ein. Gleich dahinter kommt der Tross des neuen Staatsoberhaupts, begleitet von dutzenden Kamerateams. Großes Hallo. Die Zuschauer klatschen. Viele rufen "Bravo!" Doch die meisten haben damit zu tun, mit ihrem Handy einen schnellen Schnappschuss von Van der Bellen zu ergattern. Auch die ehemalige grüne Abgeordnete Terezija Stoisits ist gekommen – und zwar mit dem Fahrrad, um sich das präsidiale Spektakel nicht entgehen zu lassen.

"Die Flaggen ... wie heißt das ..."

Die wenigen Meter zur Hofburg sind rasch zurückgelegt, vor der Hofburg bedankt sich Van der Bellen übers Mikro für "die gute Stimmung". Das anwesende Wahlvolk bittet er, trotz Minusgraden "eine halbe Stunde" durchzuhalten. Denn danach gibt es "die Flaggen ... wie heißt das ... die Flaggenparade!", ruft Van der Bellen, bald Oberbefehlshaber des Bundesheeres – und meint damit den militärischen Festakt vor dem Äußeren Burgtor. Nachsatz nach dem kleinen Hänger: "Na ja, ich habe ja noch sechs Jahre Zeit, das zu lernen." Jubel am Ballhausplatz.

Während der neue Bundespräsident kurz seine Amtsräume bezieht, hat am Heldenplatz bereits die Garde stramm Stellung aufgenommen. Auch der Kranz vor der Krypta liegt schon bereit. Gleich neben dem Polizeidenkmal steht dezent ein rotgekleideter Sanitäter mit einem Notfallkoffer – der Mann ist gerüstet, falls von der Garde jemand umkippt. Ein junger Soldat tröstet die frierenden Menschen hinter den Absperrbändern: "Auch für uns ist das zäh. Aber wir sind das Warten im Freien halt gewohnt."

Nach einer gefühlten Stunde, jedoch nur dreißig langen Minuten, endlich Trommelwirbel. Van der Bellen schreitet andächtig, rechts und links sekundiert von Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) und Generalstabschef Othmar Commenda, zum Burgtor. Die Militärmusik spielt die Bundeshymne.

Kanonen am Heldenplatz

Der Verteidigungsminister führt Van der Bellen in seine neue Rolle als "Schirmherr des Bundesheeres" ein und begrüßt die anstehende gute Zusammenarbeit. Van der Bellen würdigt in einer kurzen Rede das Militär, das nicht nur "unsere Souveränität schützt", sondern auch bei Katastrophen zur Seite steht und sich an Auslandseinsätzen beteiligt, die sich im Vergleich zu anderen Staaten sehen lassen können. "Mit Respekt" nimmt das Staatsoberhaupt seine neue Aufgabe an und ruft etwas ungewöhnlich für den früheren Chef der Grünen: "Es lebe das Bundesheer! Es lebe die Republik!" Die Soldaten marschieren ab, dafür bieten die Tiroler Schützen eine Ehrensalve samt Kanonschuss auf, sodass alles am Heldenplatz kurz zusammenschreckt.

Danach schlüpft Van der Bellen unauffällig in eines der Militärzelte, wo die Leute vor den Gulaschkanonen schon Schlange stehen. Viele Pensionisten sind darunter, aber auch junge Leute. Beim Anblick von VdB zückt alles seine Handys. Doch Sicherheits- wie Presseleute wehren ab: "Keine Fotos beim Essen!", so ihre Order.

An einem Stehtisch löffeln der Bundespräsident und die First Lady wie alle hier aus Plastikgeschirr das schlichte Mahl. "Es ist mir eine Ehre!", sagt eine junge Frau neben ihnen zur Begrüßung. Van der Bellen nickt in seiner bekannt freundlich-höflichen Manier, genießt – und schweigt. (Nina Weißensteiner, 26.1.2017)