Einen Krieg mit der Gewerkschaft kann sich kein SPÖ-Chef erlauben. Von daher ist es nachvollziehbar, dass Christian Kern vorerst von einem gesetzlichen Mindestlohn absieht. Mit den Deadlines, die nun mit der ÖVP vereinbart wurden, wird aber zumindest der Druck auf die Sozialpartner erhöht. Ihnen wird signalisiert: Entweder ihr macht bei Löhnen und Arbeitszeiten etwas, oder wir entziehen euch eure ureigensten Zuständigkeiten.

Einen Versuch ist es jedenfalls wert, solche Ultimaten zu stellen: Die Absenz klarer Zeitpläne hat in der Vergangenheit zu oft dazu geführt, dass sich Wirtschaft und Gewerkschaft nicht geeinigt haben. Ihr Versagen wurde so zu einem Versagen der Regierung. Das hat auch ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner, der den Großteil seines beruflichen Lebens in der Wirtschaftskammer verbracht hat, erkannt.

Der Arbeitsmarkt ist definitiv eine der größten Baustellen in Österreich. Alle Prognosen gehen davon aus, dass die Arbeitslosigkeit noch über Jahre hoch bleiben wird. Jene Betriebe zu entlasten, die zusätzliche Mitarbeiter einstellen, ist daher sinnvoll. Andere Punkte des neuen Koalitionspakts basieren aber stark auf dem Prinzip Hoffnung: Man kann natürlich noch mehr Langzeitarbeitslose, die älter als 50 sind, in sozialökonomischen Betrieben unterbringen. In den regulären Arbeitsmarkt werden es viele trotzdem nicht schaffen. Staatliche Beschäftigungsgarantien, die die SPÖ gerne geben würde, sind eine Illusion. (Günther Oswald, 30.1.2017)