Seit Tagen protestieren Umweltaktivisten am Grazer Murufer gegen den Bau der Kraftwerksanlage. Die Rodungen sind weitgehend beendet.

Foto: Danner

Graz – Die Grazer Grünen stehen vor einer ernsten internen Kraftprobe. Und der Richtungsentscheidung: Treten sie mit Bürgermeister Siegfried Nagl und dessen ÖVP in Koalitionsverhandlungen, oder bleiben sie bei der ultimativen Forderung nach einer Volksbefragung über das Murkraftwerk? Was Nagl aber kategorisch ablehnt und somit Koalitionsverhandlungen obsolet machen würde.

Während der pragmatische Teil der Grünen zu einer Regierungsbeteiligung drängt – mit dem Hinweis, damit Schwarz-Blau in Graz zu verhindern -, demonstriert der andere Teil der Grünen vor Ort gegen das Kraftwerk und fühlt sich dem alten Wahlkampfversprechen verpflichtet. Grünen-Chefin Tina Wirnsberger muss jetzt versuchen, zwischen den Lagern zu vermitteln.

Eine Gruppe der "Umwelt-Grünen" unterstützt jedenfalls den Protest der Aktivisten, die versuchen, die Bauarbeiten zu unterbinden. "Es ist bis jetzt im Grunde ruhig geblieben. Die Demonstranten, die auf Bäume gekraxelt sind, sind alle freiwillig wieder runter. Proteste sind eh in Ordnung, aber auf der Baustelle sind wir für die Sicherheit verantwortlich", sagt der Sprecher der Energie Steiermark, Urs Harnik, im Standard-Gespräch. Die Rodungen seien weitgehend beendet, in den nächsten Tagen werde mit der Umleitung der Mur begonnen. Die Aktivisten und die Grünen wollen einen Weiterbau aber auf alle Fälle verhindern.

Würfelnattern nicht eingesammelt"

"Nicht genug damit, dass provokant einen Tag nach der Gemeinderatswahl mit dem Kahlschlag der Murufer begonnen wurde, stellt sich heraus, dass zahlreiche Auflagen aus dem UVP-Bescheid offenbar nicht eingehalten werden", kritisiert die Umweltsprecherin der Grazer Grünen, Andrea Pavlovec-Meixner. So seien "die vor Ort angesiedelten Würfelnattern nicht vollständig eingesammelt und abgesiedelt worden".

Die Umweltorganisation WWF hat unterdessen eine Sachverhaltsdarstellung wegen Nichteinhalten der UVP-Bestimmungen eingebracht. Urs Harnik entgegnet, der Bau werde von einer ökologischen Bauaufsicht mit 99 Experten begleitet, die die Einhaltung der UVP-Auflagen ständig überprüften.

Die Lage vor Ort sei "aber auch menschlich brisant", es sei mit "äußerster Brutalität" gegen Aktivisten vorgegangen worden, sagt Pavlovec-Meixner. Was Urs Harnik heftig dementiert. Die Polizei sei zwar vor Ort, habe aber "noch nie" eingegriffen, zumal es vonseiten der Demonstranten "kein aggressives" Verhalten gegeben habe. Die Umweltsprecherin der Grünen will jedenfalls eine einstweilige Verfügung und einen Baustopp erwirken.

"Kooperationen" mit der KPÖ

Unterdessen bereitet sich Tina Wirnsberger auf eine erste Gesprächsrunde mit Nagl vor. KPÖ-Chefin Elke Kahr hat ihre bereits hinter sich. Es habe "ein gutes" Gespräch gegeben, heißt es im Bürgermeisterbüro. Kahr sagte im Anschluss, sie sei "immer gesprächsbereit". Eine Koalition sei kein Thema, aber zumindest Kooperationen, wie schon bisher.

Nagl könnte grundsätzlich, so wird im Rathaus kolportiert, neben einer fixen Koalition entweder mit der SPÖ und den Grünen oder mit der FPÖ auch "Arbeitsübereinkommen" mit den Nichtkoalitionsparteien schließen. Um auch diese einzubinden. (Walter Müller, 10.2.2017)