Villach – Holger Bleck, der Intendant des Carinthischen Sommers, hat schon seine möglichen Kritiker im Auge, wenn er der Präsentation seines zweiten Programms die Bemerkung voranstellt: "Vielfalt ist nicht Beliebigkeit." Noch leichter, noch bunter, noch experimentierfreudiger als im Vorjahr wirkt der Reigen der Konzerte, der am 24. und am 26. August dann doch in die klassische Zielgerade biegt: Markus Poschner, designierter Opernchef von Linz, präsentiert da im Congress-Center Villach mit dem Orchestra della Svizzera Italiana alle vier Sinfonien von Johannes Brahms.

Davor wird fünf Wochen lang ausgelassen dem Jahresmotto gehuldigt: "Nicht genug geküsst". Gemeint ist damit nicht die Muse, sondern das Publikum. Dem wird vom Ensemble Blechreiz und Natasa Konzilia schon auf Bahnhöfen aufgelauert, es soll bis in die Strandbäder verfolgt werden, um es zu den Musiksalons in architektonischen Sehenswürdigkeiten zu verführen, zu den Picknickkonzerten, zum Ausflug "in alle Stilrichtungen" des Leipziger Frauenstimmenensembles Sjaella in der Bergkirche Tiffen oder zum Dudelauftritt von Agnes Palmisano im Alban-Berg-Konzertsaal in Ossiach.

Einige traditionelle Zwischenstationen sind auch eingeplant: die Wiener Sängerknaben (24. 7.), Rudolf Buchbinder (31. 7.), Bariton Clemens Unterreiner mit dem KSO und Mahlers Liedern eines fahrenden Gesellen (8. 8.) und Shani Diluka mit einem ganz lyrischen Klavierprogramm (13. 8.).

Zusammenarbeit mit Stadttheater Klagenfurt

Und dann natürlich die "Kirchenoper". Die heißt eher nur so, und man darf dabei keineswegs an die Anfänge des Carinthischen Sommers denken, die 48 Jahre zurückliegen. Produziert wird wieder in Zusammenarbeit mit dem Stadttheater Klagenfurt Hemma. Eine Weibspassion. Der Text von Franzobel war bereits als Theaterstück zu erleben, ist jetzt aber um die Musik von Bruno Strobl, einem der wichtigsten Vertreter der Neuen Musik, angereichert. Zwei Aufführungen finden in der Stiftskirche Ossiach statt (27. und 29. 7.), zwei in der Basilika Maria Loreto in St. Andrä (2. und 3. 8.).

Dem Untertitel des Programmheftes, "Klassik, Jazz, Crossover", ist vielleicht nicht sofort zu entnehmen, dass hier Historisches vielfach in heutige Gewänder gekleidet wird. Es gibt auch Heutiges, das wie aus einer fernen Vergangenheit anmutet: Die zwölfjährige Alma Deutscher, das Wunderkind aus London, kommt zum Eröffnungskonzert am 16. Juli angereist, um nicht nur ihr eigenes erstes Violinkonzert zu interpretieren, sondern auch noch die Uraufführung ihres Klavierkonzertes Nr. 1 Es-Dur, an dessen schönen Harmonien sie gerade arbeitet. Joji Hattori dirigiert im Congress-Center das Wiener Kammerorchester. (cerha, 21.2.2017)