So sehen Chinas Arbeitskräfte von übermorgen aus – nur gibt es trotz des Endes der Einkindpolitik noch zu wenige. Nun erwägt Peking, die Geburtenrate mit finanziellen Zuwendungen anzufachen.

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Wien – Zu wenig und viel zu spät – so lautete die Kritik von Ökonomen wie Andy Xie, früher Asien-Chefvolkswirt von Morgan Stanley, im Oktober 2015 an dem damals angekündigten Ende der Einkindpolitik in China. Knapp eineinhalb Jahre später ist diese Erkenntnis offenbar auch der Regierung in Peking gedämmert. Wohl hat das Zulassen eines zweiten Kindes pro Paar im Vorjahr die Anzahl der Geburten um 1,3 Millionen auf fast 17,9 Millionen erhöht. Allerdings ist dies viel zu wenig, um das selbstgesteckte Ziel von 17 Millionen zusätzlichen Kindern bis 2020 auch nur annähernd zu erreichen.

Nun soll Geld aus staatlichen Füllhörnern der Bevölkerung zusätzlichen Nachwuchs schmackhaft machen, berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf chinesische Medien. "Babyprämien und Fördermittel" stehen laut Wang Peian, Vizechef der staatlichen Gesundheits- und Familienplanungskommission, zur Debatte. Denn die steigenden Kosten, um ein Kind im Reich der Mitte großzuziehen, halten seiner Ansicht nach noch viele Paare von einer zweiten Schwangerschaft ab.

Kindergärten, Schulen und Betreuung

Damit liegt er ganz auf einer Linie mit dem angesehenen Demografen Cai Fang, Vizepräsident der Chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften in Peking: "Die Politik erlaubt zwar jetzt ein zweites Kind, aber die meisten Leute, zumindest 50 Prozent, wollen gar kein weiteres Kind." Neben finanzieller Unterstützung fordert er daher auch die Schaffung zusätzlicher Kindergärten, Schulen und Betreuungsplätze, um potenziellen Eltern zusätzliche Erleichterungen zu verschaffen.

Ohne diese Maßnahmen glaubt Cai, dass die Fertilitätsrate von 1,05 Kindern pro Frau im Vorjahr nicht den angepeilten Wert von 1,6 erreichen werde – ganz zu schweigen von den 2,1 Kindern je Chinesin, was eine langfristig stabile Bevölkerungsentwicklung garantieren würden. "Eine Bevölkerungspolitik, die die Leute zu mehr Geburten animieren will, sollte ein ganzes Paket umfassen – zusätzlich zu der Erlaubnis, zwei, drei oder sogar mehr Kinder zu bekommen."

Mehr Inflation, höhere Löhne

Nach fast vier Jahrzehnten Einkindpolitik droht bei den derzeitigen Geburtenraten 2030 jeder vierte Chinese älter als 60 Jahre zu sein. Derzeit trifft dies zwar nur auf jeden Siebenten zu, aber Cai wähnt das Reich der Mitte bereits jetzt an dem sogenannten Lewis-Wendepunkt, an dem sich der Überschuss an Arbeitskräften gänzlich aufgelöst hat. Als Folgen erwartet er eine höhere Inflation und steigende Löhne, was beides an der Wettbewerbsfähigkeit des Landes nagen würde.

Aber es gibt auch mahnende Stimmen wie Chen Xingdong, China-Chefökonom von BNP Paribas, der in Förderungen kein Allheilmittel sieht. In Singapur habe dies auch nur in geringem Ausmaß funktioniert, da Leute dazu tendieren würden, mit steigendem Wohlstand und Bildung weniger Kinder zu bekommen. (Alexander Hahn, 1.3.2017)