Kiel – Wasser existiert auf unserem Planeten nicht nur an der Oberfläche. Wissenschafter konnten mittlerweile auch tief im Erdinneren große Wassermengen feststellen. Woher dieses allerdings stammt, ob es dort seit Urzeiten isoliert ist oder mit dem Oberflächenwasser in Verbindung steht, war bisher weitgehend unklar. Ein internationales Wissenschafterteam hat nun Belege für die zweite Annahme gefunden. Die neuen Erkenntnisse könnten auch der Diskussion über die Entstehung der Ozeane neue Impulse verleihen.

In ihrer in der Fachzeitschrift "Nature Geoscience" präsentierten Studie haben Colin Devey vom GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel und seine Kollegen aus Australien, Frankreich und den USA zunächst einmal versucht, den Weg des Wassers im Erdinneren nachzuvollziehen. Die Plattentektonik sorgt ständig dafür, dass Meerwasser ins Erdinnere gelangt. "Wenn sich bei der sogenannten Subduktion eine ozeanische Erdplatte unter eine kontinentale schiebt, nimmt sie natürlich auch Wasser mit in die Tiefe", erklärt Devey. Bisher ging man aber davon aus, dass dieses Wasser nur in die äußerste Erdhülle, die Kruste, eindringt und dann über Vulkane schnell wieder in die Atmosphäre zurückgelangt.

Zeugenbericht aus dem Erdinneren

Um diese These zu überprüfen, untersuchte das Team Magma- und Lavaproben, die während verschiedener Expeditionen der vergangenen Jahre rund um den Erdball gesammelt worden waren und jetzt unter anderem im Zentralen Probenlager des GEOMAR in Kiel archiviert sind. "Lava und Magma sind Gesteine, die mindestens einmal den Weg durch das Erdinnere genommen haben, dabei aufgeschmolzen wurden und wieder zur Oberfläche gelangten. Wenn man die physikalischen Eigenschaften und die chemische Zusammensetzung dieser Proben genau analysiert, erhält man sozusagen einen Zeugenbericht über das, was das Gestein auf seinem Weg im Erdinneren erlebt hat", erklärt der Kieler Vulkanologe.

Das Ergebnis der Untersuchungen ergab, dass Meerwasser beim Abtauchen von Erdplatten durchaus große Tiefen erreicht. "Wir haben sogar Anzeichen gefunden, dass es bis zur Grenze von Erdmantel und Erdkern in 2.500 Kilometern Tiefe gelangen kann", sagt Devey.

Keine Einbahnstraße

Dieses Ergebnis ist wiederum interessant für die fundamentalere Frage nach der Entstehung der Ozeane. Eine bisher verbreitete Forschungsmeinung ist, dass die Ozeane und die Atmosphäre sich im Laufe der frühen Erdgeschichte durch Entgasung des im Erdmantel vorhandenen Wassers bildeten. "Demnach hätte es für das Wasser nur eine Einbahnstraße gegeben: von innen nach außen. Wir zeigen jetzt aber, dass eine Bewegung von außen nach innen über die Subduktion stattfindet und offenbar einen Großteil des Erdmantels beeinflusst hat", sagt Devey.

Damit erscheint es auch möglich, dass Kometen das Wasser erst relativ spät in der Erdgeschichte auf unseren Planeten gebracht haben und es dann nach und nach durch Subduktion nicht nur in die Erdkruste, sondern auch in den gesamten Erdmantel geknetet wurde. "Unsere Studie ist natürlich kein Beweis, öffnet aber in der Diskussion wieder neue Möglichkeiten", betont Devey. (red, 5.3.2017)