Ästhetisches Arrangement scheinbar wertloser Gegenstände: Christine Hill agiert mit ihrem Label "Volksboutique" als Archivarin des Alltags .

Foto: Kunstraum

Innsbruck – Als Christine Hill Anfang der 1990er-Jahre erstmals einen "Kaufmannsladen" für Secondhandmode in Berlin als Kunstprojekt eröffnete, lag die Herleitung des Namens nahe: Volksboutique ist inspiriert von den "Volkseigenen Betrieben" der DDR, deren Spuren zu dieser Zeit noch allgegenwärtig waren und deren Überbleibsel auch Hills Archiv von Alltagsgegenständen zu Beginn speisten, das bis heute zentraler Teil ihres Langzeitprojekts ist.

Label und Ladentisch

Inzwischen ist Volksboutique zum Label geworden, das seit 20 Jahren unterschiedliche Arbeiten und Aktionen der Künstlerin vereint, international bekannt seit der Einladung zur Documenta X in Kassel 1997. Über den Ladentisch gehen dabei nicht nur Waren, sondern vielmehr Fragen. Solche nach der Produktion und dem Wert von Kunst, den Klischees des Künstlerinnenseins, nach unternehmerischen Notwendigkeiten und Konsumkultur.

Christine Hills Ausstellungen sind – so auch Assets im Kunstraum Innsbruck – uneindeutige Situationen zwischen Verkaufsraum, Galerie und Arbeitsort, eine Art Versuchsanordnung, bei der die Besucher zu Kunden und damit zum Bestandteil des Kunstwerks werden. Der überdimensionale Tisch, auf dem die Objekte aus Hills Alltagsarchiv ausgelegt sind, erinnert sowohl an exklusive Designerläden als auch an Flohmärkte, eine durchaus gewollte Ähnlichkeit.

Facettenreiche Reflexionen

Dahinter an der olivgrünen Wand: Musterbretter wie aus dem Teppichgeschäft mit ästhetischen Arrangements aus anonymen, scheinbar wertlosen Dingen – ein Kleideretikett, ein Rücksendekuvert, ein Backpulverbriefchen – plötzlich wertvoll durch die Inszenierung.

Mit modischer Retro-Nostalgie haben Christine Hills Arbeiten trotzdem nichts zu tun, sie sind vielmehr facettenreiche Reflexionen von Kunst und Alltagsleben. (Nicola Weber, 28.2.2017)